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Abhandlung II. § 228. 229. 230.
und geleitet werden muss. Die Knechtschaft kommt von
Aussen, sie treibt zu dem, was missfällt und besonders
zu dem, was mit Recht missfällt; fremde Gewalt und
unsere eigenen Leidenschaften machen uns zu Sclaven.
Gott wird dagegen nie durch einen Gegenstand ausser
halb seiner erregt, er ist auch keinen Leidenschaften in
seinem Innern ausgesetzt, und er wird niemals zu etwas
ihm missfälligen bestimmt. Herr Bayle scheint also den
besten Dingen von der Welt hässliche Namen zu geben
und die Begriffe zu verkehren, indem er den be
deutendsten Zustand und die vollkommenste Freiheit
Knechtschaft nennt.' 20 ' 4 )
229. Kurz vorher (Kap. 151, S. 891) hatte er
gesagt: „Wenn die Tugend oder sonst ein Gut den
„Zwecken des Schöpfers eben so entsprächen, wie das
„Laster, so würde das Laster nicht vorgezogen worden
„sein; es muss deshalb das einzige Mittel gewesen sein,
„dessen der Schöpfer sich bedienen konnte und es ist
„also aus reiner Nothwendigkeit benutzt worden. Wenn
„also Gott seinen Ruhm nicht in Folge einer unbestimmten
„Freiheit, sondern aus Nothwendigkeit liebt, so muss er
„auch nothwendig alle die Mittel lieben, ohne welche er
„seinen Ruhm nicht offenbaren kann. Ist nun das
„Laster, als Laster, das einzige Mittel zur Erlangung
„dieses Zieles gewesen, so folgt, dass Gott nothwendig
„das Laster als solches liebt, was man nicht ohne
„Schaudern sich vorstellen kann, zumal er uns ganz das
„Gegentheil geoffenbart hat.“ — Herr Bajde bemerkt
zugleich, dass einige Doktoren bei den Supralapsariern
(wie z. B. Retorfort) bestritten haben, dass Gott die
Sünde als solche wolle, während sie zugestehen, dass er
erlaubnissweise die Sünde wolle, so weit sie strafbar und
verzeihlich sei. Allein Herr Bayle hält ihnen entgegen,
dass eine Handlung, nur so weit sie lasterhaft ist, straf
bar und verzeihlich sein könne.
230. Herr Bayle legt jedoch den von mir eben
mitgetheilten Worten Falsches unter und zieht daraus
falsche Folgerungen. Es ist nicht wahr, dass Gott seinen
Ruhm nothwendig liebe, wenn man darunter versteht,
dass er nothwendig bestimmt wird, sich seinen Ruhm
durch die Geschöpfe zu verschaffen. Wäre dies der
Fall, so würde er sich diesen Ruhm immer und überall