Full text: Die Theodicee. (4)

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Abhandlung II. § 241. 242. 
metaphysischen Uebels, wofür die Missgeburten und 
andere scheinbare Unregelmässigkeiten im Universum 
Beispiele bieten, gemeinsame Schwierigkeiten. Man muss 
jedoch annehmen, dass auch die Leiden und die Miss 
geburten zur Ordnung gehören, und es ist gut, wenn 
man erwägt, dass es nicht allein besser ist, diese Mängel 
und Missgeburten zuzulassen, als die allgemeinen Gesetze 
zu verletzen, was Herr Malebranche manchmal geltend 
macht, sondern auch, dass selbst diese Missgestalten 
in den Regeln eingeschlossen und den allgemeinen 
Willensbestimmungen gemäss sind, wenn wir auch nicht 
im Stande sind, diese LJebereinstimmung klar darzulegen. 
Auch in der Mathematik zeigen sich manchmal schein 
bare Unregelmässigkeiten, welche zuletzt in eine grosse 
Ordnung auslaufen, wenn man sie bis auf den Grund 
erkannt hat. Ich habe daher auch schon früher gesagt, 
dass nach meinen Grundsätzen alle einzelnen Ereignisse 
ohne Ausnahme Folgen der allgemeinen Willensbestimm 
ungen sind. 20B ) 
242. Es darf nicht auffallen, wenn ich versuche, 
diese Dinge durch Vergleiche aufzuhellen, welche der 
reinen Mathematik entlehnt sind, wo alles in Ordnung 
vor sich geht, und wo man Mittel hat, diese Ordnung 
durch eine scharfe Darlegung aufzuzeigen, welche uns 
so zu sagen den freudigen Anblick der Ideen Gottes 
gewährt. Man kann eine anscheinend durchaus unregel 
mässige Folge oder Reihe von Zahlen aufstellen, wo die 
einzelnen Zahlen verschiedentlich wachsen und abnehmen, 
ohne einen Schein von Ordnung und trotzdem wird der, 
welcher den Schlüssel zu diesen Zahlen kennt und den 
Ursprung und die Aufstellung dieser Zahlenreihe ver 
steht, eine Regel angeben können, welche, richtig auf 
gefasst, zeigt, dass die Reihe durchaus regelmässig ist 
und sogar schöne Eigenthiimlichkeiten hat. Noch sicht 
barer kann man das bei Linien machen. Eine Linie 
kann vorwärts oder rückwärts gehen, in die Höhe und 
in die Tiefe, sich nach aussen und nach innen biegen, 
abbrechen und andere Veränderungen dieser Art haben, 
so dass man keinen Vers oder Grund sich darauf 
machen kann, namentlich wenn man nur einen Theil der 
Linie betrachtet und doch kann die Gleichung und 
Construktion derselben gegeben werden, in welcher ein
	        
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