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Vorrede.
bei seiner Bekehrung sich der Hülfe der Gnade Gottes
bediene, icli damit nur meine, dass er davon durch das
Aufhören des überwundenen Widerstandes Nutzen ziehe,
aber ohne dass er seinerseits eine Beihülfe leistet; so
wie es ja auch keiner Mitwirkung des Eises bedarf,
wenn es gebrochen wird; denn die Bekehrung ist das
reine Werk der Gnade Gottes, wo der Mensch nur in
sofern mitwirkt, als er der Gnade Widerstand leistet.
Dieser Widerstand kann nach der Person und den Um
ständen kleiner oder grösser sein. Auch unterstützen
die Umstände mehr oder weniger unsere Aufmerksam
keit und die Bewegungen, welche in unserer Seele ent
stehen. Das Zusammentreffen aller dieser Dinge, in
Verbindung mit der Stärke des Eindrucks und dem Zu
stande des Wollens bestimmt die Wirkung der Gnade,
aber macht alle diese Dinge nicht zu notliwendigen.
Ich habe übrigens anderwärts mich genügend darüber
ausgesprochen, dass in Bezug auf diese heilsamen Um
stände der nicht wiedergeborene Mensch wie todt auf-
gefasst werden muss und ich stimme ganz dem bei, wie
die Theologen des Augsburgisehen Bekenntnisses sich
über diesen Gegenstand ausgesprochen haben. Indess
hindert diese Verderbniss des nicht wiedergeborenen
Menschen ihn nicht, an der Ausübung sonstiger wahr
haft sittlicher Tugenden. Er vermag mitunter in dem
bürgerlichen Leben gut und in Folge eines guten Grund
satzes zu handeln, und zwar ohne dabei eine böse
Absicht zu haben und ohne Einmischung einer wirklichen
Sünde. Man wird es mir hoffentlich verzeihen, wenn ich
hier von der Ansicht des heiligen Augustin ab weiche,
eines unzweifelhaft grossen Mannes mit einem bewun
derungswürdigen Geiste; nur scheint er mitunter geneigt,
die Sachen auf die Spitze zu treiben, namentlich in der
Hitze des Streites. Ich habe alle Achtung vor Menschen,
welche sich als die Schüler des heiligen Augustin be
kennen , unter andern auch vor dem verehrten Pater
Quesnel, dem würdigen Nachfolger des grossen Arnauld
in der Fortsetzung des Streites, den sie mit der berühm
testen Gesellschaft *) begonnen haben. Ich habe indessen
bemerkt, dass bei diesen Streitigkeiten zwischen Männern
von grossen Verdiensten (und deren giebt es hier un