Full text: Die Theodicee. (4)

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Anhang I. 
Natur der bösen Geister noch so sehr näherten. Gott ist 
ohne Schranken, aber jene Geister sind beschränkt. Das 
Gute kann gehen und geht in das Unendliche, während 
das Ueble seine Grenzen hat. Es ist deshalb möglich, ja 
glaublich, dass bei der Vergleichung der Seligen und 
Verdammten das Gegentheil von dem eintrifft, was, wie 
ich gesagt, bei der Vergleichung der verständigen Ge 
schöpfe mit den unverständigen eintreffen kann, d. h. bei 
der Vergleichung der Glücklichen und Unglücklichen 
kann das Verhältniss des Grades das der Menge tiber 
treffen und bei der Vergleichung der verständigen und 
unverständigen Geschöpfe kann das Verhältnis der 
Menge grösser sein, als das des Werthes. Nun ist man 
berechtigt, anzunehmen, dass etwas statthaben könne, so 
lange nicht dessen Unmöglichkeit bewiesen worden und 
es ist deshalb zulässig, selbst das hier Aufgestellte an 
zunehmen. 
Aber selbst wenn man zweitens zugäbe, dass es 
mehr Uebel als Gutes beim menschlichen Geschlecht 
gäbe, so kann man noch mit Recht bestreiten, dass es 
mehr Uebel als Gutes in allen verständigen Geschöpfen 
gebe. Denn es giebt eine unfassbare Menge von 
Geistern und vielleicht auch von andern vernünftigen 
Geschöpfen und kein Gegner wird beweisen können, 
dass in dem ganzen Staat Gottes, welcher sich aus so 
viel Geistern, wie verständigen Wesen ohne Zahl und 
von unzähligen Arten zusammensetzt, das Uebel das 
Gute übersteige, und obgleich man bei der Beantwortung 
eines Einwurfs nicht zu beweisen braucht, dass eine 
Sache wirklich ist, wenn deren blose Möglichkeit genügt, 
so habe ich doch in diesem Werke gezeigt, dass es eine 
Folge der höchsten Vollkommenheit des Herrn des Uni- 
versum’s ist, dass das Reich Gottes das vollkommenste 
von allen -möglichen Staaten und Regierungen ist und 
dass deshalb das wenige darin vorhandene Uebel zur Er 
reichung des unermesslichen darin befindlichen Guten er 
forderlich ist. 
HI. Einwurf. Wenn es immer unmöglich ist, 
nicht zu sündigen, so ist es immer ungerecht, zu 
strafen. 
Nun ist es immer unmöglich, nicht zu sündigen, oder 
vielmehr, alle Sünde ist nothwendig.
	        
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