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Anhang I.
Natur der bösen Geister noch so sehr näherten. Gott ist
ohne Schranken, aber jene Geister sind beschränkt. Das
Gute kann gehen und geht in das Unendliche, während
das Ueble seine Grenzen hat. Es ist deshalb möglich, ja
glaublich, dass bei der Vergleichung der Seligen und
Verdammten das Gegentheil von dem eintrifft, was, wie
ich gesagt, bei der Vergleichung der verständigen Ge
schöpfe mit den unverständigen eintreffen kann, d. h. bei
der Vergleichung der Glücklichen und Unglücklichen
kann das Verhältniss des Grades das der Menge tiber
treffen und bei der Vergleichung der verständigen und
unverständigen Geschöpfe kann das Verhältnis der
Menge grösser sein, als das des Werthes. Nun ist man
berechtigt, anzunehmen, dass etwas statthaben könne, so
lange nicht dessen Unmöglichkeit bewiesen worden und
es ist deshalb zulässig, selbst das hier Aufgestellte an
zunehmen.
Aber selbst wenn man zweitens zugäbe, dass es
mehr Uebel als Gutes beim menschlichen Geschlecht
gäbe, so kann man noch mit Recht bestreiten, dass es
mehr Uebel als Gutes in allen verständigen Geschöpfen
gebe. Denn es giebt eine unfassbare Menge von
Geistern und vielleicht auch von andern vernünftigen
Geschöpfen und kein Gegner wird beweisen können,
dass in dem ganzen Staat Gottes, welcher sich aus so
viel Geistern, wie verständigen Wesen ohne Zahl und
von unzähligen Arten zusammensetzt, das Uebel das
Gute übersteige, und obgleich man bei der Beantwortung
eines Einwurfs nicht zu beweisen braucht, dass eine
Sache wirklich ist, wenn deren blose Möglichkeit genügt,
so habe ich doch in diesem Werke gezeigt, dass es eine
Folge der höchsten Vollkommenheit des Herrn des Uni-
versum’s ist, dass das Reich Gottes das vollkommenste
von allen -möglichen Staaten und Regierungen ist und
dass deshalb das wenige darin vorhandene Uebel zur Er
reichung des unermesslichen darin befindlichen Guten er
forderlich ist.
HI. Einwurf. Wenn es immer unmöglich ist,
nicht zu sündigen, so ist es immer ungerecht, zu
strafen.
Nun ist es immer unmöglich, nicht zu sündigen, oder
vielmehr, alle Sünde ist nothwendig.