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nicht cim; Silbe, daß ihr erster Verfasser die Formel als in der Wüste
entstanden betrachtet hätte. Sie reden von Pflügen und Ernten, von
Weizen, Wein und Ertrag des Ackers, von dem „Haus" Jahwes, also
doch von einem Tempel, gn dem die Israeliten dreimal im Jahre wall
fahren solle». Auch hätte es schwerlich <siuii gehabt, bereits in der
Wüste den Guß metallener Götterbilder zu verbiete». So ist anzu
nehmen, daß dieses Lewitengesetz ursprünglich unabhängig von der
Erzählung formuliert worden ist, die es heute umrahmt.
Aber seine Entstehung kann auch nicht mehr als etwa zwei Jahr
hunderte über diese Erzählung hinausreichen. Nicht nur, daß es durchweg
ein Bauernvolk in fester Siedelung voraussetzt, also nicht aus der no
madischen Urzeit stammen kann. Auch die religiösen Zustände, die es
bekämpft, sind in Israel und Juda erst seit der Königszeit eingetreten.
Aelter als diese kann also auch die Opposition gegen solche Zustände
nicht sein.
Das erste Gebot der Lewiten ist ein Verbot der Einführung frem
der Kulte: Jahwe allein soll in Israel verehrt werden. Er ist ein
eifersüchtiger Gott, er will keinen anderen Gott neben sich dulden!
Das Wort sagt nicht, daß solche fremden, d. h. ausländischen Götter
nicht existierten, daß sie Nichtse, Götzen, «schall und Rauch seien. Im
Gegenteil, es setzt die Existenz solcher Götter ausdrücklich voraus. Wie
könnte Jahwe eifersüchtig sein auf etwas, was Nichts ist? Aber seine
Eifersucht sagt, daß in Kanaan, in feinem Land und von seinem Volk,
kein ausländischer Gott Verehrung genießen dürfe. Hier, auf seinem
ureigensten Boden, will er einziger Gott sein. In der Welt draußen
mögen noch andere Götter verehrt werden. Das Wort umfaßt noch
nicht den Monotheismus in seiner entwickeltsten Form. Aber es sagt,
daß praktisch nur ein Gott für Israel in Betracht koinmcn dürfe.
Aber auch in dieser Einschränkung schildert das Wort nicht einen
bestehenden Zustand, sondern formuliert ein Ideal, das in der Königs
zeit von den herrschenden Gewalten längst nicht mehr anerkannt wurde.
Schon Salomo, unter dessen Regierung die ersten Anfänge des
ausländischen Handels aufzukeimen begannen, hat sowohl der Astarte
der Phönizier, wie denn Milkom der Ammoniter bei Jerusalem Altäre
gebaut. Ein Jahrhundert später hat im Reiche Israel Ahab, der be
kannte Gegner des Elia, denn phönizischen Baal sowohl in seiner Haupt
stadt Samaria wie in seiner Residenz Jesreel Tempel gewidmet. Um
720 hat der judüische König Ahas im Jahwetrmpel selbst den Kultus
der Sterne lind „des ganzen Heeres des Himmels" eingeführt, der aus
Babylonien stammte. Unter Manasse (um 070) ist der Jahwekultus
geradezu verfolgt worden zugunsten dieses und anderer babylonischer
Kulte. Die Knltusreform von 023, von der wir bald hören werden,
zeigt, welche Unmasse von „fremden" Göttern selbst im Jahwe-Heilig
tum auf dem Zion sich zusammengefunden hatten.
Jeder Kultus eines fremden Gottes erforderte natürlich auch
fremde Priester, die mit den Gebräuchen und Formell: gerade dieses
Kultus vertraut waren. Die Elialegende redet von 400 Priestern des
Baal, die Elin ans dem Karmel geschlachtet habe; ebenso müssen auch
nach Jerusalem mit den babylonischen Göttern babylonische Priester ge
kommen sein. Der alte Konkurrenzkampf der Priester ivard durch
die Vermehrung der Götter also noch bedeutend verschärft. Die
neuen Kulte, die der König eingeführt batte, übten natürlich eine
starke Anziehungskraft aus auf alle dir, dir n>it dem Königshofe
zusammenhingen. Dir Zahl der Individuen, die sich zu diesen