nachdem er doch einmal eine Umformung und Erweiterung vornahm.
Nur das ist sicher, daß diese Spruchsammlung nichts anderes als eben
eine Umformung jener Grundform der Zehn-Gebote ist. Sie bewahrt
denselben Gedankengang und kehrt, wo sie von ihm abweicht, regelmäßig
wieder zu ihm zurück; gegen Ende geht sie ganz in den Wortlaut der
Grundform über. Sie ist im ganzen nur wortreicher und eindringlicher
gefaßt als jene.
Die Erweiterungen beziehen sich auf zwei Punkte: betreffend den
Kultus ist das von uns als 3 gezählte Wort über den Altarbau hinzu
gekommen ; und ganz neu sind die unter 4 zusammengestellten sozialen
Gebote, nu die sich die Erweiterung des Sabbatgedankens in Gebot 6
anschließt. Erheblicher abweichend in der Formulierung sind außer
dem noch das Verbot über die fremden Götter (Gebot 1; selbst das
Aussprechen ihrer Namen wird verboten!) und die Mahnung über pünkt
liche Ablieferung der Opfer au Jahwe (Gebot 3).
Die Erweiterung der Kultusgebote und ihre Ausdehnung auf den
Altarbau ist sehr charakteristisch. Natürlich bestanden in Wirklichkeit
in allen größeren Heiligtümern kunstvolle Altäre. Der Altar von Jeru
salem war aus Bronze gegossen; der judäische König Ahas (um 728) hat
ihn durch einen noch schöneren ersetzen lassen, der nach einem babylonischen
Modell gefertigt war, das der König in Damaskus gesehen hatte.
(2. Könige 16.) Der einzige israelitische Altar, der bei Ausgrabungen
bisher wiedergefunden wurde, hat aus Steinplatten und Stufen be
standen. Also auch hier ist gar kein Gedanke daran, daß dieses
lewitische Altargebot im wirklichen Leben irgendwelche Befolgung ge
funden hätte. Es ist nur ein Zeichen dafür, wie abgelegen und ver
altet die Heiligtümer gewesen sein müssen, au denen lewitische Priester
in dieser Zeit amtierten. Zugleich aber sehen wir, wie schon von ihrem
Ursprung her diese Bewegung jene Abneigung gegen Kunst, Schönheit
und Geschmack in sich trug, die für die spätere jüdische Religion so
charakteristisch wurde.
Ungleich viel wichtiger aber als diese Erweiterung eines auch bisher
schon vertretenen Gedankens ist die Aufnahme sozialer Forderungen
in das Programm der Lcwiten. Sie ist für ihre Taktik und ihren
sieg von entscheidender Bedeutung geworden.
Das soziale Programm der Lewiten.
Die Aufnahme sozialer Forderungen in das Grundgesetz der Lewiten
ist eine Neuerung, die erst die elohistische Neubearbeitung der jahwistischen
Schriften enthält. Auch früher haben wir gelegentlich schon gesehen,
daß gerade der Elohist in seiner ganzen Erzählung auf eine Zuhörer
schaft von Armen und Sklaven rechnet. Wir dürfen demnach wohl
annehmen, daß er auch hier mit bewußter Absicht gehandelt hat.
Aber es ist außerordentlich charakteristisch, wie wenig diese Priester
den Proletariern an wirklicher Hilfe zu bieten hatten. Sie denken gar
nicht daran, irgendeine Institution zu beseitigen, wie etwa das Recht,
den zahlungsunfähige:! Schuldner in die Sklaverei zu verkaufen; auch
das Kahlpfändungsrecht und die Rechtlosigkeit des nicht zu den Bürgern
gehörenden Fremdlings lassen sie ruhig bestehen. Sie helfen nur mit
der Mahnung zu schonender Milde in der Behandlung von Mensch zu
Mensch: man soll den Fremdling nicht drücken, soll den Schuldner nicht
pressen, soll den Sabbat halten, damit Vieh, Sklaven und Tagelöhner
(man beachte die Reihenfolge!) einmal aufatmen können. Und wer