Full text: Das sogenannte Gesetz des Mose (5)

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sich als Hörerkreis für solche Sprüche vor allem die Jugend dachte, 
die Jugend, die innerhalb der Gemeinde der Frommen heranwuchs, 
und die daher über Opfer, Feste und Abgaben nicht mehr besonders 
unterrichtet, zu werden brauchte. Es kann keine Rede davon sein, 
daß die Priester die alten Forderungen etwa ganz aufgegeben hätten; 
die beiden großen Gesetzbücher, die den Hauptteil der Fünf Bücher Mose 
bilden und die jünger sind als diese Spruchreihen, werden uns bald das 
Gegenteil zeigen. Aber es ist eben nicht so sehr der Kampf nach außen 
als die Ausbildung der Gemüter im Innern der Gemeinde, was diese 
Sprnchreihen bezwecken. So kommt es von selbst, daß das Moralische 
und Soziale in ihnen das Kultische weit überwiegt. 
An sich sind solche Gemeindesprüche natürlich ganz zeitlose Gebilde: 
sie werden Jahrhunderte hindurch weitergetragen wie der Katechismus 
in den heutigen Schulen. So ist es schwer möglich, für den 
einzelnen eine bestimmte Entstehungszeit zu nennen. Im ganzen aber 
darf man sagen, daß diese Gemeindebildung erst auf judäischem Boden 
vor sich gegangen ist, nachdem Israel von den Assyrern als Staat ver- 
nichtet worden war, was im Jahre 722 vor Christus geschehen ist. 
Andererseits setzen wenigstens die genannten Spruchreihen die späteren 
Gesetzbücher und die babylonische Gefangenschaft der Judäer noch nicht 
voraus, sind also vor 623 geschrieben. Innerhalb des Jahrhunderts von 
720 bis 620 aber können wir für sie keine nähere Datierung treffen. 
Immerhin dürfen wir sagen, daß sie etwa ein Jahrhundert jünger sein 
werden als die Gesetze des Elohisten. 
Die genannten Spruchreihen sind Wohl rein zufällig erhalten ge 
blieben; wahrscheinlich haben Dutzende ähnlicher Art existiert, von denen 
nicht eine Silbe auf uns gekommen ist. Denn die Produktion solcher 
„Gesetze" hat ja in sich kein Maß und Ziel und kann ins Unendliche 
fortgesetzt werden. Einmal aber müssen die maßgebenden Kreise der 
Gemeinde sich zusammengesetzt und einer solchen Spruchsammlung die 
oberste und abschließende Autorität zuerkannt haben. Sonst wäre es 
nicht zu verstehen, daß aus diesen Kreisen eine Formulierrmg erhalten 
ist, die möglichst alles zu umfassen suchte, was man an solchen Spruch 
reihen hatte, und die von nun an unbestritten, und ohne durch neue 
Ausarbeitungen verdrängt zu werden, den Ehrenplatz unter allen 
„mosaischen" Gesetzen behauptet hat: das ist der offizielle und endgültige 
Text der Zehn Gebote, wie wir ihn heute noch aus Katechismus und 
Biblischer Geschichte kennen. 
Der endgültige Text der Zehn Gebote. 
Der Text der Zehn Gebote ist an zwei Stellen überliefert: in eineni 
Einsatz im Buch des Elohisten (2. Mose 20) und in der Einleitung des 
Fünften Buches Mose (5. Mose 5). Beide Textformen stimmen nicht 
ganz überein; es erweist sich aber fast überall der Text des elohistischen 
Buches als der ältere, den wir unserer Darstellung daher zugrunde 
legen. An beiden Stellen wird diese Spruchreihe Jahwe selbst in den 
Mund gelegt. Es ist die große Selbstenthüllung Jahwes, in der er 
seinen Namen nennt und im Anschluß daran sein Grundgesetz gibt! Im 
Fünften Buch Mose wird dabei ausdrücklich versichert, daß Jahwe nur 
diese und keine anderen Worte zum Volke geredet habe: die Einzigartig 
keit und Erhabenheit dieses Textes soll also so eindringlich wie nur 
möglich bezeichnet werden!
	        
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