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stamm zum Krieg. Debora, die kühne Frau, eilte von Stamm zu
Stamm, von Dorf zu Dorf, mit flammendem Lied das Volk für Jahwe
in den Krieg zu rufen. Jahwe wars, der den Helden diese Begeisterung
eingehaucht hatte: Jahwe wars, der die Massen entzündete, ihnen zu
folgen. „Daß Fürsten führten, daß das Volk sich freiwillig stellte, dafür
preist Jahwe!" Mit diesem Aufruf zum Jubel beginnt das Lied.
Aber Jahwe hat noch Größeres an seinem Volke getan. Noch ist
die selbstverständliche Vorstellung, daß er auf dem Sinai wohne; noch
hat er keine Wohnung, also auch kein Heiligtum in „Kanaan selbst. Aber
in leibhaftiger Gestalt ist er gekommen, seinem Volke zu helfen. Ueber
Berge und Flüsse ist er dahergebraust: „es bebte die Erde, es troffen
die Himmel, es troffen die Wolken von Wasser. Berge wanken vor
Jahwe, vor Jahwe, Israels Gott!" Das Gewitter ist die Wirklichkeit,
die hinter diesen Worten steht. Aber das Gewitter war Retter und
Helfer im Kampf. „Vom Himmel her kämpften die Sterne, von
ihren Bahnen her kämpften sie mit Sisera (dem kanaanäischen König).
Der Bach Kison riß sie fort, der uralte Vach, der Bach Kison. Da
stampften der Rosse Hufen vom Jagen, vom wilden Jagen ihrer Lenker!"
Das Gewitter, das Pferde und Menschen verwirrte, war die große
göttliche Hilfe, war die leibhaftige Gegenwart des Vulkangottes selbst.
Mit einem Schlage stand Jahwe, und Jahwe allein, vor der Seele des
Volkes.
Deutlich sieht man wie im Augenblick des .Krieges Jahwe gegen
über all den kleinen Lokalgöttern des Landes wieder Leben gewinnen
mußte. Man fühlte die lodernde Glut der Begeisterung und konnte sie
doch nicht erklären; man sah, wie ein eben noch mutloses Volk sich plötz
lich aufraffte, und wie der Sieg ihm zufiel. Man erlebte den kühnen
Gesang der wandernden Frau; inan hörte von der mutigen Tat des
Helden, der seine eigene Befreiung als Anstoß zum Freiheitskampf
seines Volkes nahm. Man loderte auf in Wut über die treulose Stadt,
die Jahwe nicht hatte zu Hilfe kommen wollen in; Kampf. „Fluchet
ihr, spricht Jahwe, ja fluchet ihren Bewohnern. Sie kani ja Jahwe
nicht zu Hilfe, Jahwe zu Hilfe unter den Helden." Unmittelbar erlebte
man Zorn und Begeisterung als Jahwes Fluch und Jahwes Hilfe.
Was hatten demgegenüber die Götter des Landes zu bieten! Sie
wirkten im nahen Umkreis ihrer Heiligen Stätte; Jahwe kanr vom
Sinai her, um seinem Volke zu helfen. Der „Gott aus der Ferne", wie
noch Jeremia ihn genannt hat, erwies sich als stärker wie die Gott
heiten in. der Nähe. Sie waren gebunden an einen Baum, einen
Fels, einen Quell; Jahwe zog in Wolke und Blitz am Himmel dahin,
und selbst die Sterne kämpften in seinem Gefolge. Jene gaben im
regelmäßigen Kreislauf des Jahres Weizen und Wein. Jahwe aber
tat Wunder und Heldentaten; er war der Kriegsheld, dessen furchtbare
Taten im Liede der Sänger lebten bis in fernste Geschlechter. In
stillen Zeiten konnte er dem Bewußtsein entschwinden. Im Kriege
flannnte der Nationalsinn des Volkes, alles andere verzehrend, hervor
— und Jahwe war nichts anderes als der Begriff, der diesem National
sinn entsprach. „Wer ist wie du, Jahwe, unter den Eis, furchtbar in
Taten, Wunder verrichtend?!" (2. Mose 16, 2.) Keiner von den Els,
die man sonst im Lande verehrte, konnte für die Phantasie des Volkes
mit diesem Jahwe konkurrieren!