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Fremde Götter.
Das erste Gefühl der versinkenden Kleinbauern mußte ein Irre
werden au Jahwe sein, wie die Paradiesgeschichte es zeigt. Der zweite
Gedanke aber ist ein um so festeres, um so ausschließlicheres Festhalten
am altüberlieferten Gotte der Väter gewesen. Es war die natürliche
Reaktion auf eine Bewegung, die inzwischen in den oberen Kreisen
eingesetzt hatte.
Schon mit der Ausbildung des monarchischen Staates war für den
König und einen Teil seines Hofhaltes ein Anstoß gegeben, die Aus
schließlichkeit des alten Jahwe-Glaubens zu durchbrechen. Bereits Gideon
hatte unter anderen eine Frau aus der kanaanäischen Stadt Sichem,
deren Religion natürlich die kanaanäische blieb (Richter 9, l). In
großem Stile hat dann Salomo die Politik verfolgt, durch Verheiratung
mit benachbarten Prinzessinnen die Sicherheit seiner Grenzen und die
Größe seines Gebiets zu vermehren. Er hat neben einer ägyptischen auch
phönizische, edomitischc, moabitische und ammonitische Frauen gehabt, er
hat also nach Westen, Süden, Osten und Norden geheiratet. Und jede dieser
Frauen aus königlichem Blut behielt an seinem Hose die Religion ihrer
Väter. Ja, als der König den ersten großen prunkvollen Jahwe-Tempel,
den man tu Inda sah, neben seiner Burg ans dem Zion gebaut hatte,
stellte er dort auch Altäre für die umwohnenden Götter auf, um seinen
Frauen die Fortführung ihres vaterländischen Kultus zu erleichtern
(1. Könige 12, 1—8).
Es liegt auf der Hand, daß schon diese ausländischen Kulte in
der Bevölkerung Erbitterung auslösen mußten. Die Priester, die sich
zurückgesetzt sahen, und der gemeine Mann, der den altgewohnten Ge
danken hegte, daß Kanaan Jahwes Land sei, in dem nur Jahwe ver
ehrt werden dürfe, mutzten, empört sein über diese neumodische Art,
mehreren Göttern geineinsam an derselben Stelle zu dienen. Aber über
diese Stimmung zu Salomos Zeit haben wir noch kein gleichzeitiges
Zeugnis. Sie hat sich noch nicht in geschichtlich faßbarer Weise ge
äußert. Das ist erst dreiviertel Jahrhundert später unter dem israeli
tischen König Ahab geschehen.
Ahab — es ist derselbe, der das israelitische Kansmannsquartier
in Damaskus durchgesetzt hatte - war mit einer phönizischen Königs
tochter, namens Jsvbel, verheiratet. Für sie und offenbar auch für die
phönizischen Kaufleute, die mit ihr kamen, hat er in seiner Hauptstadt
Samaria einen Tempel des Baal von Tyrus errichten lassen. Die
spätere jüdische Geschichtsschreibung hat daraus einen Abfall von Jahwe
gemacht und hat erzählt, Ahab habe unter dem dämonischen Einfluß
seiner Frau die Jahwe-Verehrer sogar verfolgt. Das- aber ist eine Ucber-
treibung, die in der wirklich bezeugten Geschichte keinen Anhalt hat.
Es sind genug gute und alte Erzählungen von Ahab überliefert, die er
kennen lasse», daß er bis zu seinem Tode für seine Person ein Anhänger
Jahwes blieb. (1. Könige 20 und 22.) Es hat sich bei dem Lyrischen
Baal im Grunde also noch nicht um mehr als wie bei den auswärtigen
-Göttern Salomos gehandelt.
Nnd doch tritt ei» Unterschied deutlich hervor. Um den Tempel
des Baal und seine Priester in der Hauptstadt Samaria hat sich schon
eine ganze Gemeinde gesammelt. Mag sie auch zum Teil aus phöni
zischen Kaufleuten bestanden haben, der Bericht über ihre Vernichtung
durch Jehn, den wir noch kennen lernen werden, ist nur zu verstehen.