Full text: Die Propheten (6)

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baut hatte, um dem geeinigten Reiche auch einen religiösen Mittelpunkt 
zu geben, so bestimmte Jerobeam deir Tempel in Bethel zum Zentral 
heiligtum, um die Israeliten auch religiös von Juda und dem Zion 
loszureißen. Und während David gerade die Lewitett von Silo nach 
dein Zion gezogen hatte, hat Jerobeam ofsenbar die Lewiten aus Bethel 
völlig beseitigt und andere Priestersippen an diesen königlichen Tempel 
gebracht. Dainit war der Gegensatz der Lewiten gegen die königlichen 
Priester tnid weiterhin' gegen den ganzen königlichen Kultus gegeben. 
Das -erste Denkmal dieser Opposition der Lewiten ist der sogenannte 
„Segen des Mose", dessen Segensspruch über Lewi die Ansprüche dieser 
Priester erkennen lehrt, und auch den Haß, mit dein sie ihre Gegner 
bedachten, sie allein wollen es sein, die den Jahwe lvirklich kennen 
und feine Opferbräuche wirklich bewahren. Aber sie beanspruchen auch 
in weltlichen Dingen die Führung: sie wollen die Träger auch der 
Rechtsordnung sein. Für alles das berufen sie sich auf den Brmd, den 
Jahwe mit ihrem Ahnherrn und Heros Mose geschlossen habe. 
Wie dieser „Bund" ursprünglich aussah, und was er ursprünglich 
enthielt, konnten wir noch cur der ältesten Form studieren, in der wir 
die Zehn Gebote kennen. Sie opponieren gegen deir Kultus, wie er 
an den königlichen Tempeln im Bauernvolk Israel iiblich wär, ver 
werfen das Stierbild und fordern den alten, bildlosen Jahwe-Kultus 
der Wüste. Aber sie haben auch sich selbst, ihren Einfluß und ihre 
Einkünfte, nicht vergessen: sie steigern die Anforderungen an die 
frommen Leistungen des Volkes. Dreimal, statt lvie in Wirklichkeit 
üblich, einmal im Jahr sollten die Männer die häusliche Arbeit verlassen 
und mit Abgaben zum Heiligtum kommen. Das Passahfest soll seinen 
alten, düsteren Charakter aus der Wüstenzeit nicht verlieren. 
Läßt schon dieses älteste uns erhaltene Lewiten-Progrämm erkennen, 
wie diese Priester gerade durch die "bewußte Hervorlehstüng eines alt» 
väterischen, an die nomadische Zeit erinnernden Kultus Eindruck zn 
machen versuchten, so geht das noch schärfer aus jener anderen Formu 
lierung hervor, die das Lewiten-Programm später erhielt: Ablehnung 
jedes irgendwie künstlerisch gestalteten Altars laus Erde oder aus un- 
behauenen Steinen soll der Lewiten-Altar sein!), Verwerfung jeder Art 
von Gottesbildern, damit Ablehnung aller Kunst in der Religion! Tie 
Herausbildung einer altertümelnden Einfachheit der Gottesvcrehrung 
ist bewußte Absicht in diesen Programmen. 
Es liegt auf der Hand, wie nahe sich diese Kultusbcwegung mit 
den religiösen Gedanken berührte, die in derselben Zeit durch die 
unteren Klassen gingen. Die Ablehnung des Stierbildes, die Wieder 
auffrischung der Erinnerung an den Wüstengott und die Verwerfung 
alles neumodischen Lupus im Gottesdienst mußten den unteren Klassen 
wie eine Darstellung ihres eigenen, das Hirtenleben verherrlichenden 
Ideals erscheinen. Dazu kam die gemeinsame Opposition gegen die 
herrschenden Gewalten, die teilweise wohl recht ärmliche und unan 
gesehene Stellung der Lewiten und dir Tatsache, daß sie gegenüber den 
grundbesitzenden Vollbürgern ebensowenig Rechte besaßen wie die ihres 
Besitzes verlustig gegangenen Bauern. Der Gedanke, daß sie unter 
einander dasselbe Interesse und dieselben Ziele besäßen, mußte für beide 
Teile gleich naheliegen. 
Das erste Denkmal, in dem diese Interessengemeinschaft sich einen 
Ausdrulck schuf, war wohl die Erweiterung der Sage vom wunderbaren 
Auszug aus Aegypten, wonach Mose, der Heros der lewitischen Priester, 
Zugleich der Führer des Volkes aus Aegypten gewesen sein sollte. Ur
	        
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