sprünglich war seine Gestalt dieser Geschichte vollkommen fremd gewesen.
Die ältesten Mose-Legendeir haften an Kades und nicht an Aegypten.
Dan» hat aber doch die lewitische Unidichtnng der Anszngsage die ganze
spätere Darstellung bestimmt, ein Zeichen, wie stark schon am Ende
des nennten Jahrhunderts der Einfluß der Lewiten in diesen Kreisen
gewesen sein Muß.
Dann aber hat das Bündnis von Lewiten und Proletariern seinen
stärksten Ausdruck in den sozialen Forderungen gefunden, die dem Le-
witen-Progrannn eingefügt worden sind. Freilich hat es sich hier nicht
um rechtliche Reformen gehandelt, die die Priester für ihre Bundes
genossen gefordert hätten: au den Rechtsordnungen haben sie gar nichts
geändert! Aber sie haben moralische Gedanken formuliert, die die
Last der Armen erleichtern sollten: Achtung des Fremdlings (sie selbst
waren ja Fremdlinge, das heißt rechtlose Beisassen), Milde gegen den
Schuldner, den Tagelöhner und Sklaven, den Ertrag des SabbaHahres
für die Armei: und anderes mehr. Und sie haben hinter all diese'Sätze
die Furcht als Motiv gesetzt: der Arme wird zu Jahwe schreien, und der
wird ihn hören! Sie haben damit den Gedanken weitergesponnen,
von dein aus schon Elia den Mut zu seinem Fluch gegen deil König ge
funden hatte. Den Gegner sittlich erschüttern, sei» eigenes Gewissen
als Buiidesgenossrn aufrufen, ihm, wenn keine irdischen Mittel mehr
helfen, die Rache des deii Armen schützenden Gottes drohen: das,ist zu
allen Zeiten die letzte Waffe im Kampf um die Macht gewesen, die die
Besitzlosen angewendet haben, wenn alle anderen Mittel versagten.
Aber die Priester haben doch von Anfang an die natürlichen In
stinkte der Armen verfälscht. Dieselbe Formulierung des Lewiten-Pro
gramms, die diese soziale Eriveiternng zeigt, hat den Schlußgedanke»,
Paß die Befolgung des richtigen Kultus das Mittel sei, um Jahwes
Segen zu erlangen. Gehorsam sein, auf die Worte dieses Programms
hören: und dann wird Rahrnng, Gesundheit, Fruchtbarkeit, hohes Alter
und politische Macht von selber kommen! In dem schreienden Elend
der unteren Klassen iind den traurigen Nöten der Aramaerkriege innß
das den unteren Klassen geradezu so geklungen haben, als wollte man
sagen: dies Unglück ist um: gekommen, weil die Herrschenden die rich
tigen Bahnen Jahives verließen. Sobald nur der Kultus wiederher
gestellt ist, wird auch die Not und das Elend zu Ende sein! Es war ein
Gedanke, der von nun an in tausendfacher Mederholung die jüdische
Religion bis zu ihrem Ende durchziehen sollte.
Der Iahwist.
Die lewiÄschen Priester halten so zwar die Verbindung mit den
unteren Klassen gefunden; aber sie haben zunächst noch nicht darauf
verzichtet, auch in den anderen Schichten des Volkes für ihre Gedanken
Propaganda zu machen. Sie glaubten Wohl noch nicht an den endgültigen
Bruch, sondern hielten an der Möglichkeit fest, durch langsame Pro
paganda schließlich doch eine ihren Absichten entsprechende Reform des
Kultus zu erzielen. Nur aus solcher Absicht der stillen Beeinflussung
der allgemeinen Meinung ist die rege literarische Tätigkeit zu ver
stehen, die sie um die Wende des neunten zum achten Jahrhundert ent
faltet haben, und deren Ertrag uns in den beiden großen Geschichts
oder besser Sagensammlnpgen vorliegt, die uns in den früheren Unter
suchungen so oft begegnet sind, und die auch wir aus Ermangelung eines
besseren Namens Iahwist und Elohist genannt haben.