Full text: Die Propheten (6)

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Daß der.Jähwist aus lewitischon Kreisen stammt, gcht aus mehreren 
Eigenschaften seiner Darstellung deutlich hervor. Die Mose-Sagen hat 
er teilweise in urwüchsigster Form behalten: die Erscheinung Jahwes 
im flammenden Dornbusch und die Einführung der Beschnei düng als 
Blntzauber gegen den gewalttätigen Gott sind Sagen allerältesten 
Stiles, die uns mit geradezu urkundlicher Treue in das Denken der 
Wüstenvölkcr versehen. Keine andere 'Sagengruppe hat der Jahwist 
so unangelastet überliefert: oder besser, keine ist seinem sammelnden 
Eifer in so alter Ausführung bekannt geworden. Die altbabylonischen 
Geschichten kannte er nur noch in der Abschwächung der israelitischen 
Banerndichtung, die Jakob-Sagen nur in dem Hirtenstil judäischer Her 
kunft. Er nahn, jede Sägengruppe ans, wie er sie fand: selbst ani 
Joseph-Roman hat er nur unwesentliches geändert. Aber gerade damit 
zeigt sich, daß er die LewiteinSagen an ihrer echtesten Quelle, in Kades 
selber, studiert haben mußte. 
Auch hat er gegenüber den großen Heiligtümern des Reiches Israel 
eine entschieden zurückhaltende Stellung genommen. Jakob, der nach 
den echten. Kultussagen von Bethel und «ichem diese Heiligtümer ge 
stiftet haben sollte, hat er überhaupt nicht hierher gelangen lassen; die 
Götternamen, die im Kultus, hier üblich Ware», hat er bewußt ver 
schwiegen und hat behauptet, Jahwe werde hier bei Namen genannt. 
Als Stifter der Jahwe-Altäre nennt er in kurzer Notiz Abraham; dann 
kommt er überhaupt nicht weiter ans sie zu sprechen. Von dem Grab 
Josephs bei Sichem hat er geschwiegen. 
Ganz anders hat er zu den Heiligtümern im judäischen Teil des 
Landes gestanden. Ter Heros von Hebron, Abram, tritt ihm an die 
Spitze der Väterfamilie und damit der Volksgeschichte überhaupt. Die 
Hebron-Sage hat er drastisch und ausführlich erzählk; so drastisch, daß er 
Jahwe sogar essend und trinkend denkt (und zwar verzehrt er mit seinen 
beiden Begleitern zusammen einen ganzen Hammel und 3 Brote!). Auch 
Isaak und der Jakob, wie er ihn schildert, sind rein südjudäischc Sagen 
gestalten gewesen, lind nirgend kennt er ein Gottesbild, einen Heiligen 
Stein oder Heiligen Pfahl, wie sie in der Praxis der israelitischen 
Heiligtümer damals noch immer in Uebung waren. Er hat die Ten 
denz, durch dir langsam wirkende Suggestion seiner Erzählung für das 
Lewitrn-Jdeal Propaganda zu machen. 
Auch ihm schwebt als soziales Ideal das Leben des schweifenden 
Hirten vor, der zwischen Bauerndörfern zeltet. Seine Erzväter sind 
absolut friedliche Männer; keine Silbe von Krieg oder Kampf, nur 
Friede, Freundschaft und Vertrag, oder die Vorstellung, daß das Land 
überhaupt leer war, als Abraham einzog. Und nur als Hirten haben 
Abraham, Isaak und Jakob gelebt. Ans dem Joscpli-Roman ließ sich der 
Getreidebau nicht mehr entfernen; denn er bildete dort einen Angel- 
pnnkt der Erzählung. Aber ans der Hebron-Säge ist jede Spur gestrichen, 
daß sie in der berühmtesten Weingegend von ganz Kanaan spielte. In 
diesem Landstrich, wo Josua und seine Genossen nach einer andereir 
Sage Weintrauben von der Größe gefunden haben, daß zwei Männer 
sie tragen mußten, in dieser Gegend, nuf die das Wort gemünzt ist, daß 
man ruhig den Esel an den Weinstock bindet, ohne zu beachten, was 
er zernagt, und daß man sogar seine Kleider in Traubenblut badet: 
in dieser Gegend setzt Abram seinem Besuch nur Bräten, Brot und 
Milch vor! Das klingt wirklich nach dem Lebensideal der Rekabiten. 
Die kulturellen Beziehungen dieser Kreise zur Wüste sind deutlich 
zu sehen. Aus Moab stammt der Name Seth, den Adams Sohn beim
	        
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