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Daß der.Jähwist aus lewitischon Kreisen stammt, gcht aus mehreren
Eigenschaften seiner Darstellung deutlich hervor. Die Mose-Sagen hat
er teilweise in urwüchsigster Form behalten: die Erscheinung Jahwes
im flammenden Dornbusch und die Einführung der Beschnei düng als
Blntzauber gegen den gewalttätigen Gott sind Sagen allerältesten
Stiles, die uns mit geradezu urkundlicher Treue in das Denken der
Wüstenvölkcr versehen. Keine andere 'Sagengruppe hat der Jahwist
so unangelastet überliefert: oder besser, keine ist seinem sammelnden
Eifer in so alter Ausführung bekannt geworden. Die altbabylonischen
Geschichten kannte er nur noch in der Abschwächung der israelitischen
Banerndichtung, die Jakob-Sagen nur in dem Hirtenstil judäischer Her
kunft. Er nahn, jede Sägengruppe ans, wie er sie fand: selbst ani
Joseph-Roman hat er nur unwesentliches geändert. Aber gerade damit
zeigt sich, daß er die LewiteinSagen an ihrer echtesten Quelle, in Kades
selber, studiert haben mußte.
Auch hat er gegenüber den großen Heiligtümern des Reiches Israel
eine entschieden zurückhaltende Stellung genommen. Jakob, der nach
den echten. Kultussagen von Bethel und «ichem diese Heiligtümer ge
stiftet haben sollte, hat er überhaupt nicht hierher gelangen lassen; die
Götternamen, die im Kultus, hier üblich Ware», hat er bewußt ver
schwiegen und hat behauptet, Jahwe werde hier bei Namen genannt.
Als Stifter der Jahwe-Altäre nennt er in kurzer Notiz Abraham; dann
kommt er überhaupt nicht weiter ans sie zu sprechen. Von dem Grab
Josephs bei Sichem hat er geschwiegen.
Ganz anders hat er zu den Heiligtümern im judäischen Teil des
Landes gestanden. Ter Heros von Hebron, Abram, tritt ihm an die
Spitze der Väterfamilie und damit der Volksgeschichte überhaupt. Die
Hebron-Sage hat er drastisch und ausführlich erzählk; so drastisch, daß er
Jahwe sogar essend und trinkend denkt (und zwar verzehrt er mit seinen
beiden Begleitern zusammen einen ganzen Hammel und 3 Brote!). Auch
Isaak und der Jakob, wie er ihn schildert, sind rein südjudäischc Sagen
gestalten gewesen, lind nirgend kennt er ein Gottesbild, einen Heiligen
Stein oder Heiligen Pfahl, wie sie in der Praxis der israelitischen
Heiligtümer damals noch immer in Uebung waren. Er hat die Ten
denz, durch dir langsam wirkende Suggestion seiner Erzählung für das
Lewitrn-Jdeal Propaganda zu machen.
Auch ihm schwebt als soziales Ideal das Leben des schweifenden
Hirten vor, der zwischen Bauerndörfern zeltet. Seine Erzväter sind
absolut friedliche Männer; keine Silbe von Krieg oder Kampf, nur
Friede, Freundschaft und Vertrag, oder die Vorstellung, daß das Land
überhaupt leer war, als Abraham einzog. Und nur als Hirten haben
Abraham, Isaak und Jakob gelebt. Ans dem Joscpli-Roman ließ sich der
Getreidebau nicht mehr entfernen; denn er bildete dort einen Angel-
pnnkt der Erzählung. Aber ans der Hebron-Säge ist jede Spur gestrichen,
daß sie in der berühmtesten Weingegend von ganz Kanaan spielte. In
diesem Landstrich, wo Josua und seine Genossen nach einer andereir
Sage Weintrauben von der Größe gefunden haben, daß zwei Männer
sie tragen mußten, in dieser Gegend, nuf die das Wort gemünzt ist, daß
man ruhig den Esel an den Weinstock bindet, ohne zu beachten, was
er zernagt, und daß man sogar seine Kleider in Traubenblut badet:
in dieser Gegend setzt Abram seinem Besuch nur Bräten, Brot und
Milch vor! Das klingt wirklich nach dem Lebensideal der Rekabiten.
Die kulturellen Beziehungen dieser Kreise zur Wüste sind deutlich
zu sehen. Aus Moab stammt der Name Seth, den Adams Sohn beim