Full text: Der ungekrönte König

„Geld, Geld, Geld! Ihr dienet ihm wie 
einer göttlichen Macht, ihr erniedriget euch vor 
ihm wie vor seinem Meister der Sklave. Geld ist 
der ungekrönte König eurer Reiche geworden." 
Ingrid hatte das Zimmertrapez, von dem sie ihre 
tO dünnen Backfischbeine herunterbaumeln ließ, in 
wilde Bewegung gesetzt. Die Eisenringe der Schwung 
seile quietschten derart, daß es Beate durch alle Nerven 
ging. Vor den Döberitzer Parforcejagden hatte sie 
stets diese innere Unruhe zu besiegen. Das durste sie 
freilich niemand merken lassen. Der Turnapparat 
befand sich im Rahmen der mächtigen Flügeltür, die 
die Schlafzimmer der drei Schwestern verband; seit 
dem Beate zu Hofe ging, schlief Gwendoline bei der 
Jüngsten. Ingrid steckte noch im tiefsten Neglige. 
Sie hatte den rechten Arm um das Seil geschlungen 
und verzehrte während des Hinundherschwingens einen 
Apfel mit Stumpf und Stiel. Die Schwestern voll 
endeten hüben und drüben, vor den Spiegeln stehend, 
ihre Frisur. Sie hatten beide schon die schwarzen Reit 
trikots und die hohen Lackstiefel an. Ingrid, der „kleine 
schwarze Teufel", wie die Brüder sie nannten, wenn 
sie von der Groß-Lichterfelder Kadettenanstalt herüber 
kamen, schwärmte für die beiden schönen, blonden, 
großen Schwestern. Vielleicht mischte sich in die 
jungenhafte Derbheit, womit sie ihrer Bewunderung 
Ausdruck verlieh, ein wenig Neid. Die Schwestern 
ähnelten der verstorbenen Mama, die am Berliner 
Hof die gefeiertste Schönheit gewesen war; sie selbst 
schlug mehr nach dem Vater. Im Hinundherschwingen 
sah sie bald Beate zu, bald Gwendoline, und machte 
ihre respektlosen Bemerkungen. Beate war vollendet 
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