Beate nieste gedankenvoll. „Oh — in der Unter
grundbahn hast du ihn getroffen. So. Zufällig."
Es war nur ein Hauch von Verwunderung in ihrem
Ton; als Mißtrauen konnte man's kaum empfinden.
Aber eine kleine Spannung blieb danach zurück. Das
Gespräch schlief ein; auch Ingrid beendigte ihre Toilette
stumm. Früher als die Schwestern war sie damit
fertig. Eitel konnte man sie kaum nennen. Trotzdem
sie seit anderthalb Jahren konfirmiert war, ging sie
noch immer am liebsten in ihren kurzen Matrosen
kleidern und mit dem Mozartzopf. Sie half Gwendoline
dann beim Umlegen der weißen Jagdkrawatte.
„Hast du gemerkt?" fragte sie dabei leise, mit
einem versteckten Augenzwinkern nach der Tür zum
Nebenzimmer. Und sie fuhr fort, als Gwendoline
fragend den Blick hob: „Eifersüchtig ist sie!"
Gwendoline zuckte zusammen. „Ach geh doch,
Ingrid! Warum jetzt das?" Sie nestelte mit un
geduldigen Fingern an dem Selbstbinder allein weiter.
Im Spiegel sah Ingrid, wie blaß die Schwester
geworden war. „Kinder, was seid ihr komisch," sagte
sie. „Hast du etwa auch das Reitfieber?" Sie machte
ein paar Schritte zu ihr hin. „Böse? He?" fragte sie,
etwas kleinlauter.
„Nein. Nur traurig, Ingrid." Damit verließ sie
das Schlafzimmer.
Ein paar Augenblicke lauschte Ingrid dem klirren
den Klang ihres silbernen Sporns. Dann stieß sie
zu Beate. Die Älteste musterte sich gerade im Spiegel
der Schranktür, die das Mädchen gegen das Licht ge
öffnet hatte. Ingrid fand sie sehr schön. Beate war
nicht nur der erklärte Liebling des Vaters, der in ihr
die Jugend seiner Frau wieder aufleben sah, sondern
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