Full text: Geheimnisse des christlichen Altertums

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und doch geheim bleiben zu lassen; ein solcher Fall ist vom Jahre 1220 und 
trug sich im Kölner Bistum zu; auch hier wird ein blutiges Luch oder soge 
nanntes Corporale transportiert, nämlich nach Köln zu AudolphDomscholaster'. 
Bekannt ist ferner die Wallfahrt zu dem wunderreichen Corporale zu Wald 
thüren, wo ein noch sonderbareres Wunder geschehen sein soll. Ein Priester 
verschüttete hier 1330 unter der Messe den konsekrierten Kelch, der auf das 
demselben untergelegte weihleinene Tuch oder Corporale floh; sofort erschien 
in der Mitte Christus am Kreuze und zu beiden Seiten desselben elf.gekrönte, 
blutige Christushäupter. Seitdem wallen die Gläubigen vor und nach Fron 
leichnam nach Waldthüren und holen sich rotseidene Fäden, am Corporale ge 
strichen, auf dem man nach Cochem noch „merkliche Flecken" sieht, und die 
heilen alle Pesten, vorzüglich den Rotlauf'. Muh man hier nicht eine grohe 
Opferfeier zu Waldthüren ahnen, bei welcher elf Menschen getötet und ihre 
Häupter aus den Altar gestellt worden sind? — 
Im Jahre 1384 ereignete sich zu Seefeld in Tirol nicht weit von Innsbruck 
ein Wunder, das in folgender Art berichtet wird. Es hauste auf dieser alten 
Burg ein Ritter namens Oswald Müller, der wollte sich nicht mit der ihm 
in der Kirche gereichten Hostie begnügen, eine gröhere begehrend, wie sie die 
Priester haben. Als er eine solche empfing, wankte unter seinen Fühen der 
Grund und die Hostie überzog sich mit Blut. Es geschah dies sehr merkwürdig 
am Grünen Donnerstag, auf diesen Tag fällt nämlich jene uralt christliche 
Menschenopferseier, wobei man Kinder tötete und ihr Fleisch und Blut zu 
heiligen Mahlen verwendete. Der genannte Aitter lieh also wohl ein Kind 
opfern und genoh eine mit dem Blute desselben benetzte Hostie; es scheint 
ein eigenes Kind gewesen zu sein, da des Aitters Frau in tobendem Wahn 
sinn starb 
In ein lichteres, historischeres Gebiet treten wir, indem wir folgende Tradi 
tionen und Tatsachen in Betrachtung ziehen. 
In dem Städtchen Wilsnack in der Mark Brandenburg bewahrte nran in 
einem Altarschreine blutige Hostien, mit denen man Amzüge hielt und zu denen 
viel gewallfahrtet wurdet Hiergegen erhob sich im fünfzehnten Jahrhundert 
eine Partei, deren Führer der Schulrektor Johann Hoppins war; es gab bei 
einem Amzug am Sonntage Miseri. Dom. bei der seitdem sogenannten scharfen 
Ecke einen Kampf, wobei ein Schüler des Hoppius die Hostien zertrat, dafür 
aber von einigen gläubigen Frauen getötet wurde. Hoppius nebst denjenigen 
seiner Schüler, die sich nicht durch die Flucht retteten, wurde ins Gefängnis 
geworfen, die Hostien wieder hergestellt. Der Landeshauptmann, Burggraf 
von Plattenburg, nahm sich des Rektors an und so gedieh der Handel zu dem 
Ende, dah der Hostienkultus abgeschafft ward, die Geistlichen vertrieben, die 
Hostien auf dem Markte verbrannt wurden und Hoppius den Triumph hatte, 
Stadtpfarrer in Wilsnack zu werden". Man sieht hier die Wendung, die all- 
' Cochem, S. 155 ff. - Cochem, S. 172. Weber II, 6. 512. 3 Grimm, Sagen I, 6. 458f. nach 
mündlicher Erzählung und dem Buche: Don dem hoch- und weltberühmten Wunderzeichen, so sich mit dem 
Altar in Seefeld in Tirol im Jahr 1384 zugetragen. Dillingen 1580. Innsbruck 1603. ' Dgl. Aniversal- 
lexikon UV, 6. 1611 f. und Bechsiein, Thür. III, 6. 92: „Im Jahr 1475 vor Petri und Pauli Tag erhob 
sich eine Wallfahrt, indem unzähliges Dolk, wie besessen und vom Veitstanz befallen, zum heiligen Blut zur 
Welsnacht wallfahrtete, so daß alle Tage bei anderthalb tausend und noch mehr, Alte und Junge, bis zum 
Winter, liefen." 6 Schlag von Augenroth I, S. 154ff. „Das Wunderblut zu Wilsnack. Eine geschicht 
liche Erzählung." Treu nach einer Chronik.
	        
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