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ZUR EINFÜHRUNG
E nglische Freunde befreiten 1821 den neapolitanischen
Dichter-Patrioten Gabriele Rossetti aus dem Ge
fängnisse, wo er nach einem Gewaltstreich der Bourbonen
seine Liebe zur Freiheit büßte; er entkam nach Malta
und dann nach London (1823). Hier ward er Lehrer des
Italienischen an King’s College. Schon damals war er
eifriger Dante-Forscher. Ein ähnliches Geschick verband
ihn mit dem Florentiner, der ihm denn auch mehr Poli
tiker als Poet war, so daß ihm Beatrice nur die Verkör
perung politischer Ideale schien. Und Dantes Namen
gab er dem am 12. Mai 1827 geborenen Sohne, dem zweiten
Kinde seiner Ehe mit Frances Polidori, Tochter des
einstigen Sekretärs Alfieris und einer Engländerin, der
Schwester des Arztes Lord Byrons.
Charles Gabriel Dante Rossetti schrieb schon mit
fünf Jahren ein Drama und zeigte frühzeitig Begabung
für Malerei. Nachdem er in King’s College eine gute
Vorbildung genossen hatte, trat er als Sechzehnjähriger
in die Kunstakademie von Cary ein; von 1845 bis 1848
besuchte er die Antikenschule der Royal Academy weder
fleißig noch mit viel Gewinn. Von den Malern jener Zeit
beeinflußte ihn nur Ford Madox Brown, dessen Werke
er schon 1846 kennen gelernt hatte. Im Gegensatz zu
dem damals herrschenden stereotyp gewordenen Klassi
zismus gründete er mit John Millais und Holmant Hunt,
die später nicht weniger berühmt wurden als er selbst,
dem Bildhauer Thomas Woolner, seinem Bruder William
Michael, der Schriftsteller wurde, und noch zwei anderen
Freunden die Pre-Raphaelite Brotherhood, deren Ini