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In der Alltäglichkeit des religiösen Lebens neigen
sich die aus der geschichtlich-dogmatisch-kultisch
befestigten Gemeinschaft herrührenden Sätze und
Glaubensgewohnheiten in die unmittelbare Nähe der
repräsentativen Iche, des Priesters, Pfarrers, Be
kenners oder auch des Zweiflers, Ketzers oder Sünders.
So erst werden sie zu Leben und Erlebnis des Ich,
das dann seine engen, aber ihm gehörigen oder sogar,
wie es glaubt, von ihm geschaffenen Objektivierungen
daraus macht. Alle Religionen breiten sich in solchen
vulgären geistigen Objektivitäten aus, die mit un
zähligen personalen Berührungen immer wieder neu
verflochten werden.
Daß ästhetische Erlebnisse sich an Künstler
hängen, wäre begreiflich. Die kleinen Objektivierungen
ästhetischer Natur lieben es, sich an andern künstlerisch
aufnehmenden Ichen zu orientieren. Auf diese Weise
bekennen sie sich zu einem Kunststil, einer literarischen
Richtung, ganz besonders auf diese Weise zu einer Mode.
19.
Die Vollendung der geistigen
Obj ektivität.
Durch das Zusammenleben der Menschen ziehen
sich die großen, geschichtlich gewordenen geistigen
Inhalte mit einem Einfluß und einer Würde hin
durch, die dem begrifflichen Ringen mit der „Natur“
gleichkommt. Wir suchen hier zunächst nichts
anderes als den Bestand der Erscheinungen. Die