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Freiheit das Unbedingte im Inhalt ahnen und von den
historischen, sozialen Verleiblichungen scheiden.
Vielleicht ist diese Scheidung noch wirksamer, wenn
sie durch die Verneinung veranlaßt ist, der erst dann
wieder ein neuer Gehorsam folgen wird. Die von
Anfang an geschaute Aufgabe des Ich, sich mit der
Welt auseinanderzusetzen, durch Gegenstandsbildung
sich erkennend und handelnd und fühlend-bildend
auseinanderzusetzen, hat nun, wo zum erstenmal eine
Gegenstandsbildung nicht mehr möglich ist, wo im
Unbedingten die Grenze erreicht ist, ein Ziel ge
funden. Wir werden im nächsten Abschnitt sehen,
wie sich an dieser Grenze die Probleme gestalten.
Die Wissenschaften nehmen innerhalb der geistigen
Objektivitäten eine besondere Stellung ein. Ihre
Begriffsbildung hat auch die kulturlichen Gemein
samkeiten des Geistes zu erfassen, also auch die eigene
Tätigkeit, in der das apriorische Gefüge eine so große
und selbständige Rolle spielte. Als geistige Inhalte
stehen die Wissenschaften, mögen sie nun die „Natur“
oder den „Geist“ zu begreifen suchen, in denselben
Verhältnissen zu den Individualitäten wie die übrigen
Strömungen. Es bleibt nicht aus, daß auf diese Weise
auch jenes Apriori, das nun Objekt geworden ist,
in seinem Leben und in seiner Wirkung an die Iche
soviel und sowenig gebunden ist wie die andern
geistigen Inhalte. Die formale Uhbedingtheit des
Apriori als eines Werkzeugs zur Erfassung des meta
physischen Objekts wird so zu einer Angelegenheit
der geistigen Ichfreiheit. Jene apriorischen Sätze
des Sollens, der ästhetischen und religiösen Ur-Sinn-
Bestimmtheit erstehen neu in der unbedingten Be