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XVIII. Zur Kanzlerkrise und Friedensresolution Juli 1917
Erzbergerund Mayer: Wie steht es mit Munition, Kanonen
fertigung und H-Booterfolgen? Muß nicht die ganze Welttonnage als
zu Englands Verfügung angesehen werden? Wir müssen dem Volk sagen,
daß wir keine uferlosen Pläne haben, sonst tritt keine Ruhe ein.
Exzellenz Ludendorfs: Munition steht jetzt gut. Rohrfrage
wird sich sicher bessern. Ursache der Stockungen ist die verflossene
Transportnot.
Bei der Resolution muß der schlechte Eindruck auf Ausland und Heer
berücksichtigt werden. Resolution wird kriegverlängernd wirken. Wir
dürfen nicht von vornherein verzichten. Was beim Friedensschluß an ver
nünftigen Forderungen durchgedrückt werden kann, müssen wir erreichen.
Scheide mann: Wir müssen unser Volk zur Ruhe bringen. Da
gegen müssen andere Rücksichten schweigen. Die Resolution ist so gefaßt,
daß notwendiger Landerwerb und Kriegsentschädigungen durchaus nicht
ausgeschlossen sind
angebot beantwortet hat, nach der Veröffentlichung des
ganzen Annexionsprogramms der Entente, bedarf es keines
Wortes mehr darüber. Dos deutsche Volk kämpft in der
Tat nur um das Recht, seinen 70 Millionen auch künftig im
eigenen Lande ausreichende Nahrung bieten zu können.
Und diese Millionen sind nicht nur Kommerzienräte, Großindustrielle und Großbauern
— ihre Masse bildet das werktätige Volk in Fabrik und Werkstatt, in Gruben, auf dem
Bauplatz und auf dem Acker. Um deren Zukunft wird heute ebenso gekämpft wie
um die Gewinne des Großkapitals. Für das Schicksal dieser Massen fühlt die Partei
sich mitverantwortlich.
In einem Menschenalter hat sich das arbeitende Volk Deutschland emporgekämpft.
Es hat sich gegen tausend starke Widerstände eine eigene Machtstellung, eine eigene
deutsche Arbeiterkultur geschaffen. Ob man uns auch noch wenige Wochen vor dem
Kriege ächtete — wir waren doch von der festen Zuversicht erfüllt: Die Zukunft ist
unser! Ihr hemmt uns, doch ihr zwingt uns nicht! Die Zeit ist nahe, die uns in
Staat und Gesellschaft mehr Raum und Recht geben, die endlich die Kämpfe einer
schon dahingegangenen Proletariergeneration belohnen wird! So standen wir im
Juli 1914.
Da erhoben sich die größten und stärksten Mächte der Erde, um Deutschland
politisch zu demütigen, wirtschaftlich hinabzustoßen. Damit stand unser eigenes Werk,
stand unsere eigene Zukunft auf dem Spiel. Da trat die deutsche Sozialdemokratie
nicht beiseite, um den Dingen ihren Lauf zu lassen, sondern sie stellte sich schützend vor
das Land, das ihre eigenen Werke und ihre eigenen Zukunftshoffnungen barg. Sie
hatte genug geschichtlichen Sinn und politische Schulung, um zu wissen, daß mit der
politischen und wirtschaftlichen Machtstellung Deutschlands auch der deutsche Sozialis
mus zusammenbrechen müßte — für sie erhielt die allgemeine Parole: Für das be
drohte Vaterland! den besonderen Sinn: Für den deutschen Sozialismus!
Und es gab noch nie eine weltgeschichtliche Losung, die ihr Recht auf gewaltigere
Tatsachen stützen konnte."
Von der Friedensresolution ab sah der sozialdemokratische Parteivorstand nur
noch den „Sozialismus", wie er ihn verstand — er sah nicht mehr das bedrohte
Vaterland. Er tat alles, um die Gefahren herbeizuführen, vor denen er ein Jahr
vorher gewarnt hatte und die jetzt der deutsche Arbeiter fühlt und noch mehr fühlen
wird, wenn er zur Besinnung gekommen ist.