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einer, den diese langhaarige Menschensorte auf dem
Gewissen hat, aber nur ein Esel geht hin und hängt
sein Herz daran!" Der Hauptmann von Kreienberg
griff wieder nach seiner Zeitung: „Und Sie, lieber
Kalckhoff, nehmen Sie sich ein warnendes Exempel.
Aus kleinen Mädchen werden heiratsfähige junge
Damen, na also, es täte mir leid, wenn ich mich für
die paar Jahre, bis man mich als charakterisierten
Major in die Versenkung gehen heißt, noch nach
einem andern passenden Umgang umsehen müßte!"
Der Oberleutnant Kalckhoff lachte auf — wie dem
andern scheinen wollte, mit nicht ganz reinem Ge
wissen — und die Unterhaltung zwischen den beiden
Moltkes war zu Ende, wohl die längste, die sie je
über außerdienstliche Fragen miteinander geführt
hatten. Danach wollte auch trotz andauernden
Schweigens keine rechte Stimmung mehr aufkommen,
und man ging früher auseinander als sonst. Der
Hauptmann mit einem unbestimmten Mißtrauen im
Herzen, der Oberleutnant Kalckhoff aber mit dem
festen Vorsatze, durch ein paar Stunden strenger
wissenschaftlicher Arbeit der Erinnerung wieder Herr
zu werden, die der zufällig an sein Ohr gedrungene
Name in ihm geweckt hatte; der Erinnerung an ein
halbwüchsiges Mädel mit blauen Augen, und das ihm
lange gefehlt hatte, als mit einem Male die täglichen
Begegnungen beim Nachhausekommen aufhörten. . . .
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