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beschloß kann durch kaiserliche Verordnung dieser Schutz zwar ausgedehnt
werden auf andere gewerbliche Betriebe, es ist das vereinzelt auch geschehen,
aber vollständig ungeschützt sind noch immer die Arbeiterinnen in
der Heimarbeit, den häuslichen Diensten, im Dienstbotenberuf
und in der Forst- und Landwirtschaft.
Das Minimum, was wir demgegenüber an Arbeiterinnenschutz fordern
und erkämpfen müssen, ist: jegliches Verbot der Kindererwerbsarbeit, die
Verkürzung der Arbeitszeit auf 6 Stunden für jugendliche Arbeiterinnen
(bis zu 18 Jahren!, auf 8 Stunden für erwachsene, Freigabe des Sonnabend-
Nachmittags, damit Zeit bleibt für notwendige Besorgungen und dadurch
die volle Sonntagsruhe der weiblichen Proletarier gewährleistet wird, die
Beseitigung aller Ansuahmebestimmungen, die Ueberarbeit zulassen, außer
solchen bei Unglücksfällen und unvorhergesehenen Naturereignissen. Dieser
Schutz müßte aber auch in sinngemäßer Weise Ausdehnung finden auf alle
Arbeiterinnenkategorien, die bisher ungeschützt waren. Dasselbe gilt von den
Schutzbestimmungen für Wöchnerinnen und Schwangere. Die Bestimmungen
bedürfen außerdem dringend einer Erweiterung: Das Arbeitsverbot nach der
Entbindung müßte auf 8 Wochen verlängert und den Schwangereil das Recht
der küudignugslosen Arbeitseinstellung 8 Wochen vor der Entbindung ein
geräumt werden. Natürlich kaun den Arbeiterinnen ein Arbeitsverbot und
ein Recht der Arbeitseinstellung allein nichts nützen, es hieße sie dein Hunger
preisgeben, sondern Pflicht der Krankenkassen muß es werden, in Gestalt
von Schwangeren- und Wöchuerinneuuuterstützung den Arbeiterinnen den
entgangenen Arbeitsverdienst für diese Zeit voll zu ersetzen. Zu dem Zwecke
ist auch die Unterstellung aller Arbeiterinnen unter die Krankenversicherung
eine zlvingende Notwendigkeit. Damit wäre ihnen auch die so nötige Schonung
kurz vor und nach der Entbindung gewährleistet.
Eine Ausdehnung der Krankenversicherung auf alle Arbeiter und
Arbeiterinnen, sowie auf alle Personen, deren Familiencinkommeu 5000 Mk.
nicht übersteigt (wie wir sie fordern), würde auch den Hausfrauen der
Arbeiterschaft, des Kleinbürger- und Kleiubauerntums eine Schwangeren-
und Wöchneriuneufürsorge bringen, die so vielen von ihnen dringend not
tut. Natürlich müßte sie obligatorisch sein, für die gleiche Zeit wie für die
Arbeiterinnen, in der Höhe des ortsüblichen Tagelohnes für Arbeiterinnen;
denn Arbeitsüberbürduug, mangelnde Pflege und Ernährung zeitigen
namentlich bei den Hausfrauen, deren Körper durch zahlreiche Entbindungen
ohnehin geschwächt ist, die gleichen Folgen wie für die Arbeiterin die Ein
flüsse der Erwerbsarbeit.
2(m schlimmsten ist natürlich das Martyrium der Mutterschaft für
die Arbeiterin, die von der Not gepeitscht, bis kurz vor der Entbindung
schanzen muß. Mit dem Gefühl des Unansgernhtseins erhebt sie sich von
ihrem Lager, mit zitternden Knien wankt sie zur Arbeit, bei der sie mit
schmcrzdurchwühltem Körper ausharren muß, wenn auch die Kräfte wieder
und wieder zu versagen drohen. Ja mehr noch: Die Sorge um die Er
haltung der Arbeit zwingt sie, ihren Zustand zu verbergen, und die quälende
Sorge um die vermehrten Ausgaben für das zu erwartende Kind treibt ihr
vielleicht einen Fluch auf die Lippen über das Unglück der Schwangerschaft.
Und mic schädlich für Mutter und Kind bis kurz vor der Entbindung die