Full text: Über angebliche Zahnanlagen bei Vögeln

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der Säugetiere entsprechen. Eine Zahnfurche könne es. nicht 
sein, weil man sonst erwarten müsste, in ihr Zahnfollikel zu 
finden. Das Wort „Zahnleiste“ erwähnt Gardiner überhaupt 
nicht; die von Röse so gedeutete Epitheleinsenkung ist von 
ihm in zwei knappen Sätzen abgetan. 
Röse sagte sich von vornherein, dass die Rückbildung des 
Vogelgebisses soweit erfolgt sei, dass es vermutlich nur noch 
zur Anlage einer Zahnleiste käme. — 
Ich möchte an dieser Stelle eine Betrachtung darüber 
anstellen, ob diese Meinung, die unabhängig von den sie angeblich 
bestätigenden Untersuchungen an Embryonen von Sterna Wilsoni 
als ein Vorurteil bei Röse bestand, wirklich so selbstverständlich 
ist, wie. dieser Forscher sie darstellt. Wenn wir Säugetiergruppen 
untersuchen, bei denen das Gebiss sich vollständig reduziert hat, 
so finden wir zwar bisweilen unzweifelhaft Zahnleisten vor. Man 
muss dabei aber nicht übersehen, dass sich dann auch, wenn 
auch ganz rudimentär, Anlagen für einzelne Zähne, bisweilen nur 
noch in Form von kolbenförmigen Anschwellungen der Zahnleiste, 
vorfinden. Wo diese nicht mehr angetroffen werden, ist die 
Existenz wirklicher Zahnleisten äusserst fraglich, ihre Form so 
diffus, dass nur ihre Lage ein schwaches Argument für ihre 
Deutung als solche abgibt. Ausserdem aber muss man bei der 
Vergleichung mit Säugetieren von ganzer oder teilweiser Reduktion 
der Bezahnung bedenken, dass es sich hier nicht um ganze Tier- 
klassen handelt, für die der Zahnmangel geradezu typisch ist, 
sondern um Gattungen, deren einzelne Arten einen verschieden 
weit vorgeschrittenen Grad der Gebissrückbildung aufweisen. So 
liegen die Verhältnisse bei den Monotremen, den Edentaten und 
den Cetaceen. Oder aber bei bestimmten Tierarten sind nur 
gewisse Zahngruppen reduziert, wie bei vielen Ruminantien die 
oberen Frontzähne. Auch hier ist eine Zahnleiste im Zwischen- 
kiefer vorhanden, die sogar noch andeutungsweise einzelne Zahn- 
anlagen produziert, indem an den Stellen, an denen die rück- 
gebildeten Zähne bei den Vorfahren wirklich bestanden haben, 
die Leiste mehr oder minder deutlich anschwillt. Aber die hier 
angeführten Tatsachen beweisen durchaus nicht, dass auch noch 
bei den Vögeln Rudimente angetroffen werden müssen, bei denen 
die totale Reduktion des Gebisses spätestens im Eocän beendet 
war, die also den Zustand, in dem die rezenten zahnlosen Säuger
	        
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