Full text: Über angebliche Zahnanlagen bei Vögeln

Über angebliche Zahnanlagen bei Vögeln. 
Hierzu 3 Textfiguren. 
Bevor ich mich dem eigentlichen Inhalt dieser Arbeit zu- 
wende, möchte ich zur Einleitung eine Übersicht über die bis- 
herigen Versuche, bei Vögeln rudimentäre Zahnanlagen zu finden, 
geben. Es gibt zwar auch in älteren Arbeiten derartige historische 
Einleitungen, doch habe ich sie nirgends vollständig und zuver- 
lässig gefunden. 
Im Jahr 1820 entdeckte Geoffroy St.-Hilaire bei jungen 
Papageien (Palaeornis torquatus) an den Schnabelrändern eigen- 
artige Papillen. Er untersuchte sie mikroskopisch und fand in 
ihnen ein Gewebe, das gallertartige Struktur hatte, und das er 
mit der Bindegewebspapille verglich, die bei menschlichen 
Embryonen des dritten Monats das Zahnbein bildet. Cuvier 
bestätigte die Angaben Geoffroy St.-Hilaires. Die Unter- 
suchungen ruhten bis zum Jahre 1860, in welchem sie von 
Blanchard wieder aufgenommen wurden. (Die von Mayer (1) 
in Bonn bei Hühnerembryonen entdeckte Eischwiele wird zwar 
von Blanchard mit zu dem „Zahnsystem der Vögel“ gerechnet ; 
jedoch unterliegt es keinem Zweifel, dass dies sehr zu Unrecht 
geschieht und nur die Verwirrung unter den Hypothesen über 
die Existenz rudimentärer Zahnanlagen bei Vögeln vermehrt. 
Die Eischwielen stellen genetisch wie funktionell Gebilde sui 
generis dar und haben mit den gesuchten Anlagen eines den 
Sauropsiden ursprünglich zukommenden Dentingebisses nichts zu 
tun, weshalb ich auf dieselben in dieser Arbeit nicht näher ein- 
gehen will.) 
Blanchard (2) entkleidete die Kiefer von Nestjungen 
verschiedener Papageienarten ihres Hornüberzuges und fand kleine 
Spitzchen dem Knochen aufsitzend und teilweise von ihm um- 
wachsen, ohne dass er seine Entdeckung veröffentlicht hätte. 
Später fand ‚er Gelegenheit, Kakaduarten und Melopsittacus zu 
antersuchen, und nun stand seine Überzeugung fest, echte Dentin- 
zähne gefunden zu haben, zumal das Innere dieser Spitzen von
	        
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