Wenn 'iet erste Teil deS Programms di« im scharfen Ilmritz gezeichneten
Endziele unserer Parlei entwickelt und begründet, so behandelt der zweite Teil
diejenigen Aufgaben, welche innerhalb der jetzigen Gesellschaft von uns zunächst
zu lösen sind. Der stetige Verlauf der geschichtlichen Naturgesetze, welche den
Gang der kapitalistischen Welt bestimmen, lässt keine Sprünge und keine Steg
reifabenteuer zu. Auf Lew. Grund und Boden einer bestimmten politischen
und sozialen Ordnung muh die Arbeiterklasse für ihre Befreiung fechten. Ein
unvermittelter Schritt aus der alten in die nafte Gesellschaft, der mit einem
Mal«, in das Land unserer Hoffnungen führt, ist unmöglich, weil er ein Wider
sinn ist. Wir haben mit den harten Tatsachen zu rechnen, die deshalb nicht ver.
schwinden, weil die Schwarmgeisterei sie nicht sehen will. Die gegebenen Ver
hältnisse, die nüchterne Wirklichkeit haben allein in unserer Rechnung Platz,
gerade weil wir diese gegebenen Verhältnisse von Grund aus umgestalten wollen.
So sind die heutigen Zustände die natürliche Grundlage der Arbeiter,
bewegüng, so vollzieht sich im Widerstreit gegen die Schlechtigkeit und Unhalt
barkeit dieser Zustände der Klassenkampf. Sie liefern die Punkte des Angriffs,
sie liefern die Gegner, sie nötigen uns, die Reihen von Forderungen, welche
den zweiten Teil des Programms bilden, aufzustellen und zu vertreten. Nicht
mit Schattenwesen, sondern mit derb-handgreiflichen Erscheinungen, nicht mit
Geschöpfen einer grübelnden Einbildungskraft, sondern mit den natürlichen
Wirkungen der herrschenden Wirtschaftsweise haben wir zu tum Gegen uns
die bürgerliche Klasse, der bürgerliche Staat, gegen uns die gewaltigen Macht
mittel des Kapitalismus.
Damit wir unser Endziel erreichen, mutz die Arbeiterklasie in den Besitz der
staatsbürgerlichen Rechte gelangen, welche eine ungehemmte Wirksamkeit im
öffentlichen Leben gewährleisten. Dank der Feigheit des deutschen Bürgertums,
welches für das Linsengericht wirtschaftlicher Vorteile seine politische Erstgeburt
schnöde versckmchert hat, sind wir gezwungen, auch solche Forderungen aufzu
stellen, welche in anderen Lärrdern, wie Frankreich, England usw., längst be
stehende Einrichtungen sind. Die Arbeiterklasse mutz ferner wirtschaftlich ge.
kräftigt, sie muh durch eine gute soziale Gesetzgebung auf eine höhere Stufe
gehoben, vor der Verelendung gerettet und dadurch geistig und leiblich wider
standsfähig gemacht werden. Auf der einen Seite also der Kampf um die polt-
tische Freiheit, auf der anderen Seit« der Kampf uni den Arbeiterschuh. Jeder
Erfolg treibt uns naturnotwendig dazu, für die noch nicht erfüllten Forde-
rungen zu wirken. Und da unsere Partei sich nicht behaglich im alten Hause
einrichten will, sondern darin nur vorläufig Quartier nimmt, bis das neue
Haus erbaut ist, da der Klastenkarnpf der Hebel unserer Tätigkeit, da die Um
gestaltung der Gesellschaft unser Endziel ist, so bildet jedes fernere Zugeständnis,
das uns zuteil wird, nur ein Glied mehr in der Kette. Wir wären Tore»,
wollten wir die Hände in den Schah legen und auf das tausendjährige'Reich
warten. Wir wären aber auch Toren, wepn wir uns damit begnügen würden,
die nächsten Forderungen durchzusehen und auf die letzten zu verzichten.
Indes die Macht der Tatsachen sorgt dafür, daß wir das eine tun und das
andere nicht lassen. Das Proletariat erfüllt unter dem eheststen'Zwange der
Notwendigkeit seine weltgeschichtliche Aufgabe, und über Butzprediger, Sektierer
und kleinbürgerliche Komprvmihnaturen geht es kühl und unentwegt zur
Tagesordnung über.