Aus Merseburg 1.909:
„Die Lohnhöhe selbst ist im ganzen unverändert geblieben.
Die immer fortschreitende Steigerung der Lebensmittel- und Woh
nungspreise hat die Lebenshaltung der Arbeiterbevölkerung weiter
erschwert."
Aus München 1909:
„Die Lebenshaltung der Arbeiterbevölkerung aber konnte
leider nicht immer gleichen Schritt mit den hier und dort erzielten
höheren Verdiensten halten, da die letzteren durch die gerade bei
kleinen Wohnungen am fühlbarsten gesteigerten Mietpreise und die
anhaltende Lebens- und Genußmittelteuerung in den meisten
Fällen mehr als ausgeglichen wurden."
In dein Jahresberichte der Gewerbe-Aufsichtsbeamten
des Aönigsreichs Württemberg für 1909 heißt es:
„Bedauerlich ist nur, daß bei den hohen Bodenpreisen die
Mietpreise unverhältnismäßig hoch sind und von den meisten
Arbeiterfamilien nur auf Rosten der übrigen Ausgaben aufge
bracht werden können. Die Wohnungsverhältnisse der Arbeiter,
insbesondere der geringer entlohnten ungelernten Arbeiter, sind
an zahlreichen Grten noch recht schlechte. Die Berichte der die Woh
nungsaufsicht ausübenden Beamten geben mitunter Kenntnis von
unhaltbaren Zuständen, die wegen der Mittellosigkeit der Familien
nur sehr schwer gebessert werden können."
Die Wohnungsfrage ist also keine Lohnfrage, wie von
sozialdemokratischer Seite oft betont wird. Die Lohnerhö
hung wird im wesentlichen durch die Erhöhung der Grnnd-
rente aufgesogen, die zu einer Verteuerung nicht nur der
Wohnungen, sondern auch der Werkstätten, Geschäftsräume,
Läden und damit zu einer Verteuerung aller Lebensbedürf
nisse führt. Vier entsteht ein Problem, dessen Bedeutung weit
über das rein wirtschaftliche Gebiet hinausragt. Wer einmal
die Bedeutung der wachsenden Industriebevölkerung für