Full text: Bd. 2, Die Heroen (Die griechische Heldensage), Buch 3, Die großen Heldenepen, Abt. 2, Hälfte 2, Der Troische Kreis , Die Nosten (02030202)

ORESTES. 
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Brief, indem er ihn bei seinem Namen anredet. Orestes gibt 
sich der Iphigeneia als ihr Bruder zu erkennen und zerstreut 
ihre Zweifel, indem er sich nicht nur über den Familien- 
stammbaum genau unterrichtet zeigt, sondern auch an ein 
Gewebe mit der Geschichte des goldenen Lammes, das sie 
als Mädchen, wie er von Elektra gehört, angefertigt hat, an 
ihre Handlungen vor der Abfahrt nach Aulis und an die 
Lanze des Pelops erinnert, die in ihrem Schlafgemach steht. 
Darauf verabreden sie einen Plan zur Entführung des Bildes 
und zur Flucht, wobei Euripides den Schluß seiner eigenen 
Helena zweckgemäß umgestaltet. Sie erzählt dem König 
Thoas 1 ), die Fremden seien zwei Brüder, die ihre eigene Mutter 
getötet hätten; bei ihrem Anblick habe das Bild der Göttin 
die Augen geschlossen 1 2 ) und sei von seiner Basis herabgestürzt. 
Sie könne die Lockenweihe an den Muttermördern nicht voll 
ziehen, bevor sie sie selbst und das Bild im Meerwasser ge 
badet hätte. 3 ) Der König, der ihr Glauben schenkt, erlaubt 
ihr, wenn auch mit starker skythischer Bedeckung, das Bild 
und die Fremden ans Meer zu bringen. Hier weiß Iphigeneia 
die Wächter unter dem Vorgehen, daß sie die heilige, geheimnis 
volle Handlung nicht mit ansehen dürfen, zu entfernen, löst 
den beiden Jünglingen die Bande und alle drei besteigen mit 
dem Bilde das in einer Bucht verborgene Schiff des Orestes. 
Ein Versuch der Wächter, die Abfahrt zu verhindern, wird 
glücklich abgeschlagen, die Verfolgung durch den ergrimmten 
Thoas von Athena gehemmt. Die Wirkung auch dieses Dramas 
auf die spätere Kunst und Literatur war ungeheuer. Die Über 
gabe des Briefes an Pylades ist ein Lieblingsgegenstand der 
unteritalischen Vasenmalerei. 4 5 ) Dieselbe Szene findet sich 
auch häufig auf etruskischen Urnen, jedoch in ganz ab weichen 
dem Typus. 0 ) Oder es wird dort in freier Illustration die 
Vorbereitung zum Opfer dargestellt, indem Iphigeneia entweder 
auf das Haupt der beiden Freunde libiert oder sich anschickt, 
1) S. über diesen oben S. 853 f. 
2) Vgl. die unteritalische Legende vom troisohen Palladion oben S. 1235. 
3) V. 1193 pdAaowa xXv^ei ndvra rävftQtbmuv y.ay.d. 
4) Mon. d. Inst. IV 51. VI. VII 66. Um eine freie Illustration des 
Dramas bandelt es sich auf einer anderen Vase, wo die beiden Jünglinge im 
Innern des Tempels vor dem Götterbild im Gespräch mit Iphigeneia er 
scheinen, als ob sie im Begriff seien, es zu rauben, Ann. d. Inst. XX 1848 tav. 
d’ agg. L 2. 
5) Körte Urn. etr. II tav. LXXVIII 7. 8. Uber die Verdoppelung der 
I’igur der Iphigeneia auf diesen und den folgenden Urnen s. L. Hamburg Obs. 
herm. in urn. etr. 28ff.
	        
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