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Hält seine stumpfe Seele, den breiten Fuß gebannt.
Zuweilen hebt er zitternd im Schlafe seine Hand,
Als möchte von seinem Haupte ein Unheil er halten fern . . .
So naht ein letzter Morgen. Und wenn der letzte Stern
Die letzten seiner Strahlen auf die Erde ausgeleert,
Dann hat der letzte Erbe sein Erbteil aufgezehrt.
Dann doch wie mag ich wissen, was dann in der großen Welt
Die Wage zwischen Sühne und Schuld gelassen hält? —
Ich ahne, daß Recht und Unrecht dann nur noch Worte sind,
Wenn auf der müden Erde der letzte Kampf beginnt! . . .
Gerechtigkeit
I
(1887)
Gerechtigkeit — du bist nicht blind! Jedoch
Ein Gott schlang einst um deine Stirn die Binde,
Da er die Erde haßte, weil sie war.
Nun taumelst du mit kindisch-kleinen Schritten
Durch unsere Schaaren, und die Klugen fassen
Dich bei der Hand und leiten dich zu ihrem
Eigenen Vorteil, und du läßt dich lenken
Und siehst die Andern nicht, die jammernd dir
Mit aufgehobenen Händen folgen und
Dich nie erreichen, bis am Wege endlich
Sie liegen bleiben und nicht weiter können.
Gerechtigkeit — wann kommt der freie Mensch,
Ein Held, voll Löwenmut, voll Löwenstärke,
Der dir die Binde von den Augen reißt
Und dich hinführt vor das versammelte Volk,
Daß Alle, denen du vorübergingst,
Mit lautem Jubel bittend dich Umfragen
Und alle Ungerechten heulend flüchten? —
Jedoch du bist zu dicht umstellt von Jenen,
Die Alles frech und ruchlos an sich rissen,
Und Keiner kann hindurch durch ihre Mauern.
Sie halten ihrer Lüge Speere vor,
Und Jeder, der zu dir gelangen will,
Verblutet an Gewalt! — Gerechtigkeit —?
Zu Füßen deines Throns lagern die Fürsten
Und legen deine Hand auf ihren Scheitel —
Du aber glaubst des Aermsten Haupt zu rühren 1
An deinem Throne lagern feile Priester,