Full text: Das preussische Gemeindewahlgesetz

Wahlberechtigten, die das 25. Lebensjahr vollendet haben. Voraus 
setzung der Wahlberechtigung 3 ) ist die Eintragung in die Bürger 
liste (§ 3 Abs. 2) oder der Besitz eines Wahlscheins (§ 3 Abs. 3); 
für die Voraussetzung der Wählbarkeit ist der Wahltag maßgebend. 
(2) Wahlberechtigt und wählbar ist nicht: 
1. wer entmündigt ist oder unter vorläufiger Vormundschaft oder 
wegen geistiger Gebrechen unter Pflegschaft steht, 
2. wer die bürgerlichen Ehrenrechte nicht besitzt. 
(3) Die Ausübung der Wahlberechtigung ruht für die Soldaten 
während der Dauer der Zugehörigkeit zur Wehrmacht. 
(4) Behindert in der Ausübung ihres Wahlrechts sind Personen, 
die wegen Geisteskrankheit oder Geistesschwäche in einer Heil 
oder Pflegeanstalt untergebracht sind, ferner Straf- und Unter- 
suchungsgefangene sowie Personen, die infolge gerichtlicher oder 
polizeilicher Anordnung in Verwahrung gehalten werden. Aus 
genommen sind Personen, die sich aus politischen Gründen in 
Schutzhaft befinden. 
(5) Wahlberechtigung und Wählbarkeit gehen verloren, wenn 
eine ihrer Voraussetzungen wegfällt 4 ). 
(6) Die durch feindliche Maßnahmen aus den besetzten Gebieten 
verdrängten wählbaren und wahlberechtigten Personen sind 
J ) Zu § 2. Nach Artikel 17 der Reichsverfassung g'elten die Grundsätze 
für die Wahlen zur Volksvertretung auch für die Gemeindewahlen., d. h. die 
Gemeindevertretung muß in allgemeiner, gleicher, unmittelbarer 'und 
geheimer Wahl von allen reichsdeutschen Gemeindeangehörigen ohne 
Unterschied des Geschlechts nach den Grundsätzen der Verhältniswahl 
gewählt werden. Die Reichsverfassung gestattet eine Abweichung von 
den für die Wahlen zum Reichstag geltenden Bestimmungen nur inso 
weit, als sie es den Landesgesetzen überläßt, die Wahlberechtigung von 
der Dauer des Aufenthalts in der Gemeinde bis ziu eiinem Jahre ab 
hängig zu machen. Eine ähnliche Bestimmung findet sich in Artikel 74 
der preußischen Verfassung', der es zuläßt, daß bei den Wahlen zu den 
Gemeindevertretungen durch Gesetz die Wahlberechtigung von einer 
bestimmten Dauer des Aufenthalts in der Gemeinde abhängig g'emacht 
werden kann. Obwohl der Gesetzgeber nach der Reichsverfassung alle 
diejenigen vom Wahlrecht ausschließen kann, die noch kein Jahr in der 
Gemeinde wohnen, fordert Preußen nur eine ununterbrochene sechs 
monatige Aufenthaltsdauer. Die Anträge der sozialdemokratischen 
Fraktion des Landtages, die Vorschrift über die Aufenthaltsdauer über 
haupt zu streichen, sind gegen die Stimmen aller bürgerlichen Parteien 
ahgelehnt worden. 
2 ) Für den Begriff des Wohnsitzes ist § 7 des Bürgerlichen Gesetz 
buches maßgebend. Wer an mehreren Orten einen Wohnsitz hat, ist 
an jedem dieser Orte wahlberechtigt. Im Falle von Eingemeindungen 
gilt als Wohnsitz auch der Wohnsitz in den eingemeindeten Ortsteilen. 
3 ) Die Eintrag'ung in die Bürgerliste oder der Besitz eines Wahl 
scheines ist Voraussetzung für die Wahlberechtigung nicht aber für die 
Wählbarkeit. 
4 ) Der Fortfall der W a h 1 b e r e c h t i g un g hat zur Folge, daß der 
Betreffende nicht mehr in die Bürgerliste eingetragen werden und keinen 
Wahlschein mehr erhalten darf. Ist er trotzdem eingetragen oder im 
Besitz eines Wahlscheines, so ist er zur Ausübung des Stimmrechts be 
rechtigt. Der Fortfall der W ählbarkeit dagegen hat zur Folge, daß 
der Betreffende aus der Gemeindevertretung ausscheidet. 
14
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.