Full text: Das Koalitionsrecht in Deutschland und der Vorentwurf zu einem deutschen Strafgesetzbuch

I 
r 
30 — 
nicht 'auf einem Umweg erreichen dürfe, und daß' es mit der Reinheit der 
Rechtsidee nicht vereinbar sei, jedem Schutzmann zu gestatten, Lurch sein der 
Kontrolle der Gerichte entzogenes Machtwort ein Reichsgcsetz außer Kraft 
zu setzen. Und nun gar erst die von dieser Rechtsprechung Betroffenen! Welch 
finsteres Mißtrauen gegen die Justiz hat sich ihrer bemächtigt, welch leiden 
schaftliches Gefühl rechtlicher Vergewaltigung durch die polizeilichen Organe! 
Jede neue Verurteilung wegen Streikpostenstehens ist eine erneute Auf 
reizung ihres Nechtsgefühls. Selbstverständlich läßt die organisierte Arbeiter 
schaft durch alle die kleinen und kleinlichen polizeilichen Nadelstiche sich nicht 
beirren, sie bedarf des Streikpostenstehens, will sie auf die Ausübung des 
Koalitionsrechtes nicht verzichten und mutz daher die Unannehmlichkeiten mit 
in den Kauf nehmen. 
Gegenüber dem Entwurf aber ist dieser Gleichmut nicht mehr möglich. In 
dem Klassenkampf, der hier unter den feierlichen Formen des Rechts gegen Las 
Proletariat geführt wird, sollen diesem ganz andere Wunden geschlagen und 
Jahre aus dem Leben eines Arbeiters ausgelöscht werden, weil er als Ge- 
werkschastsbeamter die ihm anvertrauten Interessen seiner Klassengenossen 
wahrgenommen oder als Streikender die Verbesserung seiner Lebenslage zu 
erstreben sich erdreistet hat, damit das vom Unternehmertum ersehnte Ziel 
endlich erreicht werde: Austreibung des Klassenbewußtseins der Arbeiter, Ver 
nichtung ihrer Organisationen und Beseitigung der Führer der Arbeiter-^, 
bewegung. 
Fragen wir uns endlich, was bietet der Entwurf an positiver Sozial 
politik, an Staatshilfe der Arbeiterschaft für diesen Raub ihrer Rechte, 
für das Verbot der Selbsthilfe durch Koalition? Die Antwort ist hier in einer 
Sekunde gegeben, sie erschöpft sich in dem Worte: Nichts. Wir finden im 
Entwurf keinen Schutz des Koalitionsrechtes gegen die dreisten Angriffe des 
Unternehmertums und die Versuche der Hineinpressung der organisierten Ar 
beiter in die gelben Verbände, keinerlei wirksame kriminalrechtliche Ahndung 
der Uebertretungcn der Arbeiterschutzgesehgcbung und keinen Schutz des ein 
zigen Rechtsgutes der überwiegenden Zahl des Volkes, der menschlichen Ar 
beitskraft, gegen die in den verschiedensten Formen betriebene Aus 
beutung und Auswucherung. 
Ueber ein solches Machwerk muß das deutsche Volk rechtzeitig aufgeklärt 
werden. Denn es sind hierüber, selbst unter den Juristen, die verkehrtesten 
Ansichten verbreitet. Ist es beispielsweise glaublich, wenn ein Mann, 
wieder ReichstagSabgeordneL?"-Müller»Meiningen, dessen Haltung Bei* 
der Reform der Strafprozeß' tÖiung beweist, daß es ihm Ernst ist mit der 
Bekämpfung der die staatsbürgerliche Freiheit bedrohenden Rcgierungsvor- 
schläge, in der „Deutschen Juristenzeitung" von der Humanität sprechen kann, 
von der im allgemeinen in erfreulicher Weise die ausgezeichneten Vorarbeiten 
für das-a>errtsche-R-e-i-ch-s-str-a-f g e s c tz b u-ch—getragen--find?—Die Arbeitern 
t)QWrr-y’S LAI t.vSS- . J 
täuschen 
ja doch a 
Ob 
Klassench, 
nommen 
sind ja n 
letzte entj. __ 
schienenen Vorwort zu der Neuauflage der berühmten Schrift von Marx: „Die 
Klaffenkämpfe in hiranireich" sagt Kieuei von den heute herrschenden Klassen: 
„Im Bewußtsein ihrer Ohnmacht ist die G ew al t der einzige Faktor, zu dem 
A. 
Freie Universität 
Berlin ” 
380/80/40009(4) 
X13<8040009400015 
CLASSIC
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.