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größten Prozentsatz in der Kriminalität liefern, durch Strafgesetze die
Ausübung gerade desjenigen Rechts gewaltsam erschwert, das, wie kein
anderes, geeignet ist, die Arbeiterschaft zu den Höhen der Kultur der
Menschheit zu führen und die wesentlichste Vorbedingung für die Hebung
und fortschreitende Besserung der Lage der arbeitenden Klassen in
physischer, geistiger und sittlicher Beziehung ist? Ist dies nicht das
Gegenteil von Soziologie, heißt dies wirklich die Quellen des Ver
brechens verstopfen, oder nicht vielmehr erst neue, gewaltig wirkende Ur
sachen des Verbrechens von Staatswegen schaffen? Fürwahr, für diese
Art soziologischer Rechtswissenschaft, die mit plumpen gesetzgeberischen
Maßnahmen eine Kulturbewegung, wie sie in den deutschen Gewerk
schaften verkörpert ist, hemmen würde, danken wir, das Koalitions
recht der Arbeiter ist kein Spielzeug, mit dem nach Gutdünken
experimentiert werden darf. Die Arbeiterschaft muß aufgeklärt werden
über den Plan, ihr Grundrecht mittelst strafgesetzlicher Vorschriften ihr
zu nehmen. Es ist zur Genüge bekannt, welchen unheilvollen Einfluß
das organisierte Unternehmertum, insbesondere der Zentralverband
deutscher Industrieller auf die Negierung und die Gesetzgebung ausübt.
Diesem Verbände genügt nicht einmal das, was in dem Vorentwurf
zur Verhinderung erfolgreicher wirtschaftlicher Kämpfe der Arbeiterschaft
in Vorschlag gebracht wird. Er fordert in einer Eingabe an die Ne
gierung, dem 8 241 des neuen Strafgesetzbuches folgende Fassung zu
geben:
„Wer durch gefährliche Drohung einen anderen in seinem Frieden stört,
wird mit Gefängnis oder Haft bis zu einem Jahre oder mit Geldstrafe bis
zu 1000 Mark bestraft.
Einer gefährlichen Drohung im Sinne des ersten Absatzes macht sich
auch derjenige schuldig, der es unternimmt, Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Arbeits
stätten. Wege, Straßen, Plätze, Bahnhöfe, Wasserstraßen, Häfen oder sonstige
Verkehrsanlagen planmäßig zu überwacheru"
Ist diese Forderung auch die Ausgeburt verbrecherischer Scharf
macherphantasie, so zeigt sie doch, worauf die Arbeiterschaft sich gefaßt
machen kann, wohin es die Regierung und die Professoren mit ihren
koalitions-, Volks- und arbeiterfeindlichen Vorschlägen gebracht haben.
Die Arbeiterklasse Deutschlands muß sich anleinen schweren Kampf
um die Aufrechterhaltung der wenigen ihr zustehenden Rechte vorbe
reiten. Nicht früh genug kann mit dieser Vorbereitung begonnen
werden. Deshalb hat sich der Gewerkschaftskongreß in Dresden mit dem
Vorentwurf zum Strafgesetzbuch beschäftigt und beschlossen, das von
Dr. Heinemann-Berlin darüber gehaltene Referat im Sonderabdruck
erscheinen zu lassen und in Massen unter der Arbeiterschaft zu verbreiten.
Die Kenntnis dessen, was der Arbeiterschaft droht, ist dringend erforder
lich. Ausgerüstet mit dieser Kenntnis wird sie in der Lage sein, den
Versuch, sie unter ein Ausnahmerecht zu stellen, ihr das geringe Koa
litionsrecht zu nehmen oder doch wesentlich einzuschränken, wirksam Zu
rückzuweisen, von welcher Seite er a«ch immer kommt.