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hätte sich die Mühe mit seinen Einkommensteuer-Statistiken ersparen können. Die
Eerufsstatistik zeigt das viel genauer und deutlicher an.
Im Deutschen Reiche waren von je 10 000 Erwerbsthätigen in jeder
Erwerbsgruppe:
Selbständige
Angestellte
Arbeiter
Landwirthschaft. . . j
1882. . .
1895. . .
2 278
3 098
87
116
7141
6 786
Zu- oder Abnahme .
+ 820
+ 35
— 355
Industrie ^
1882. . .
1896. . .
3 441
2 490
155
318
6 404
7192
Zu- oder Abnahme .
— 961
+ 163
+ 788
Handel |
1882. . .
1896. . .
4 467
3 607
902
1120
4 631
5 273
Zu- oder Abnahme .
— 860
+ 218
+ 642
Zusammen . . . . j
1882. . .
1895. . .
3 203
2 894
190
329
6 607
6 777
Zu- oder Abnahme .
— 309
+ 139
+ 170
Diese Tabelle ist nach verschiedenen Punkten hin lehrreich. Sie zeigt einmal,
daß trotz der Verminderung der Lohnarbeiter in der Landwirthschaft die relative
Abnahme der Selbständigen in Handel und Industrie so stark ist, daß deren
Zunahme in der Landwirthschaft dadurch mehr als wett gemacht wird.
Weiter aber zeigt sie, daß die Zahl der Angestellten unter den Erwerbs
thätigen am raschesten wächst; sie haben sich von 1882—1895 relativ säst verdoppelt
und absolut mehr als verdoppelt (von 307 000 auf 622 000). Aber immerhin
reicht dieser neue Mittelstand nicht aus, den Rückgang des alten in der Ge
sellschaft auszugleichen. Denn Angestellte und Selbständige zusammen bildeten
1882 noch 34 Prozent und 1895 nur noch 32 Prozent der Erwerbsthätigen
der drei grohen Erwerbsgruppen. Die Lohnarbciterschaft dagegen wuchs von
66 auf 68 Prozent.
Aber der neue Mittelstand ist mit dem alten nicht zusammenzuwerfen. Er
beruht auf ganz anderen Grundlagen, hat ganz andere Interessen. Vor allem
hat er gar kein Interesse an der Erhaltung des Privateigenthums an den
Produktionsmitteln, von dem er doch ausgeschlossen ist. Die Eisenbahnen z. B.
haben mächtig zur Bildung des neuen Mittelstandes beigetragen, indem sie eine
zahlreiche Beamtenschaft schufen. Aber hat diese das geringste Interesse, einer
Verstaatlichung der Eisenbahnen zu widerstreben und den privaten Besitz der
selben vorzuziehen?
Allerdings bildet diese neue Mittelschicht dem Proletariat gegenüber eine
privilegirte Klasse, die ihm daher meist verständnitzlos, mitunter sogar feindselig
gegenüber steht. Aber für eine Gruppe der Angestellten nach der andern hört
diese bevorzugte Stellung auf. Gerade ihre rasche Zunahme wird ihr ver
derblich. In Fotze des Niederganges des Kleinbetriebes drängt sich der Nach
wuchs des alten Mittelstandes mit Vorliebe zu den gebildeten Berufen und die
Fachschulen produziren heute eine Menge gebildeter Arbeiter, so daß gerade in dem
neuen Mittelstand eine zunehmende Ueberproduktion an Kräften herrscht. Und