31 
flucht gilt nicht für das vorhergehende Jahrzehnt. Da gab's keinen Milliarden- 
fegen. Nun, die Statistik verzeichnet im Deutschen Reiche: 
Eheschließende 
1861-1870 1871—1880 1881—1880 1891-1900 
17,0 17,2 18,6 16,4 
Also im großen Ganzen eine Abnahme der Eheschließungen seit vierzig 
Jahren. 
Wie genau sich Herr Bürger die Ziffern ansieht, mit denen er beginnt, zeigt 
sich' daraus, daß er in seiner statistischen Reihe der Eheschließenden sonst die 
Durchschnittszisfern von je 5 Jahren giebt. Aber er beginnt sie nicht, wie er 
sollte mit dem Jahrfünft 1876—80, sondern mit dem Jahrviert 1877—80. Die 
Wahl des Jahres 1877 statt 1876 als Ausgangspunkt wird begreiflich, wenn 
man erfährt, daß 1876 die Zahl der Ehcschließenden noch 17 per 1000 war 
(1872 noch 20,81). Das Jahrfünft 1876—80 hätte dann 18.7 Eheschließende 
gegeben, denen für den Zeitraum von 1881—85 die Ziffer 15,4 zu folgen 
hatte — also keine „unausgesetzte kräftige Aufwärtsbewegung". Man hätte 
dann diese erst 1896, also zur Zeit des BeginnjS des letzten wirthschaftlichen 
Auffchwunges einsetzen gesehen. 
Richtig ist es, wenn Bürger angiebt, die S t e r b li ch k e i t habe abgenommen 
und der Ueberschutz der Geburten über die Gestorbenen sei gewachsen. Es ist 
schwer zu entscheiden, inwieweit daran die Fortschritte der Medizin und der 
hygienischen Technik einerseits und die Fortschritte der Arbeiterklasse durch Er 
höhung der Löhne und Verkürzung der Arbeitszeit betheiligt sind. Bemerkens- 
Werth aber ist es, das; die Krisis noch mächtiger ist als diese Fortschritte und daß 
sie die Errungenschaften der letzten Jahre zu nichte zu machen droht. Es betrug 
der Ueberschutz der Geburten über die Todesfälle auf 10 000 Einwohner: 
1891 1892 1893 1894 1895 1896 1897 1898 1899 1908 
Deutsches Reich 186 116 122 136 140 165 147 166 144 135 
Großbritannien 111 116 116 130 115 128 122 119 110 107 
1900 waren wir bereits wieder unter dem Stand von 1891 angelangt. Und 
da hatte die Krise kaum begonnen! Die Zahlen für 1901 liegen uns zur Stunde 
leider noch nicht vor. Sie dürften einen weiteren Rückgang zeigen. In England 
ist der Rückgang noch stärker, und er setzte dort schon 1897 ein. 
Wie wenig gut trotz des Rückganges der Sterblichkeit die „gegenwärtige 
soziale Einrichtung" dem Volk bekommt, zeigt folgende Tabelle, die Herkner einer 
Schrift Vallod's entnimmt (die mittlere Lebensdauer in Stadt und Land). Er 
fand in England 1890—92 folgende Sterblichkeit pro 10 000 Lebende: 
Berufsarten 
15 
bis 
20 Jahre 
20 
bis 
25 Jahre 
25 ’ 
bis 
35 Jahre 
85 
bis 
45 Jahre 
Selbständige Landwirthe und deren 
Söhne 
13 
24 
43 
70 
Landwirthschaftliche Arbeiter und 
Dienstboten 
17 
89 
62 
83 
Metallarbeiter 
27 
54 
75 
137 
Textilarbeiter 
34 
69 
75 
123 
Bergwerksarbeiter 
88 
67 
64 
97