Full text: Die Vernichtung der Sozialdemokratie durch den Gelehrten des Centralverbandes deutscher Industrieller

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Aber um Alles das ist 'es.dem Kapitalisten nicht zu thun, der nicht selbst 
arbeitet, sondern von der Arbeit Anderer lebt, der nicht danach strebt, datz die 
Arbeit unter den sür den Arbeiter günstigsten Bedingungen vor sich gehe, sondern 
danach, so viel Arbeit als möglich ftir so wenig Geld als möglich zu bekormncn. 
Er benutzt die Arbeit der Frauen und Kinder, weil sie billiger und williger sind 
als di« Männer, und er löst ohne Bedenken die Familie des Arbeiters auf, wenn 
er einen Profit daraus ziehen kann. Noch schlimmer als der Grotzkapitalist 
wirkt in dieser Beziehung der untergehende Kleinbetrieb, der durch weitest 
gehende Abrackerung von Frauen und Kindern mit der Maschine zu konkurriren 
sucht. Die Lehrlingszüchterei florirt, die Zahl der jugendlichen Arbeiter wächst. 
Diese Frauen- und Kinderarbeit entspringt aber dem Elend oder wenigstens 
dem Zurückbleiben der Löhne hinter den Bedürfnissen der Arbeiter. Denn der 
Arbeiter hängt an seiner Familie und er löst sie nur dann auf, schickt nur dann 
seine Angehörigen in die Lohnarbeit, wenn sein eigener Lohn nicht langt. 
Da ist es denn sehr bezeichnend, daß die Zahl der Erwerbsthätigen in der 
Bevölkerung rascher wächst, als diese selbst. Während letztere in Deutschland 
von 1882—95 um 14,5 pCt. zunahm, wuchs die Zahl der Erwerbsthätigen im 
Hauptberuf um 17,8 pCt. Die Familienangehörigen werden jetzt also mehr 
Zur Erwerbsarbeit herangezogen. 
Diese vermehrte Zunahme betrifft aber hauptsächlich die F r a u e n. 
Während die Zahl der männlichen Erwerbsthätigen um 15,95 PCt. wuchs, nahm 
die der in einem Hauptberuf thätigen Frauen um 23,6 PCt., die der Dienstboten 
freilich nur um 2,5 pCt., beide zusammen um 18,7 pCt. zu. Datz dieser „Fort 
schritt" ausschließlich durch die Zerstörung der Familie vor sich geht, zeigt folgende 
Ziffer: die Zahl der unverheiratheten weiblichen Erwerbsthätigen 
wuchs um 14,4 pCt., also in demselben Matze, wie die Bevölkerung. Sie nahmen 
allerdings in der Industrie und im H a n d e l rascher zu als die Bevölkerung, 
dagegen blieb ihre Zunahme in der Land wirthschaft hinter der der 
Gesammtbevölkerung sehr zurück. Die Zahl der verheiratheten weib 
lichen Erwerbsthätigen dagegen vermehrte sich um ganze 48 pCt.! 
Die Zunahme der Erwerbsarbeit der Kinder ist aus der Berufsstatistik 
nicht zu erkennen, weil die Aufnahme 1895 nach anderen Grundsätzen stattfand 
als 1882. Sie wird auch bekanntlich durch gesetzliche Bestimmungen erheblich 
eingeengt. Aber immerhin ist es bezeichnend, datz die Zahl der Erwerbsthätigen 
unter 20 Jahren nicht blos absolut, sondern auch im Verhältniß zur Zunahme 
der Bevölkerung wuchs. Von 10 000 Personen im Alter von weniger als 20 
Jahren waren 
Erwerbsthätige 
1882 1646 
1895 1797 
Dabei erkennt die offizielle Statistik selbst an, daß die Erwerbsarbeit der 
schulpflichtigen Kinder viel zu klein angegeben ist, da sie nur unvollständig 
erhoben wurde. So wird z. B. dort die Zahl der Kinder, die im ganzen Reiche 
1895 in der Zeitungsspedition beschäftigt waren, auf — 36 angegeben11 
Sind Vergleichungen zwischen der früheren und der spateren Zählung der 
erwerbsthätigen Kinder nicht gut möglich, so gewährt doch die letztere manchen 
lehrreichen Einblick in die heutige Ausdehnung der Kinderarbeit. Danach zählte 
man 1895 in der Industrie 9,3 pCt. jugendliche Arbeiter (unter 
16 Jahren), In den Kleinbetrieben mit 1—5 Personen aber zählte man ihrer 
17,4 pCt. 
Noch größer ist die Zahl der Lehrlinge in der Industrie. Sie betrug 
1365 11 pCt. aller Arbeiter, in den Kleinbetrieben aber nicht weniger als 
89 pCt. I Ein Drittel aller Arbeiter sind da unreife Arbeitskräfte l
	        
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