Full text: Heimweh: eine Auswahl aus Jung-Stillings Werken mit biographischer Einleitung

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stichen wird dem Satan doch endlich der Kopf zer 
treten. 
Es ist Dämmerung auf der ganzen Erde und zudem 
ein Nebel, daß man keine Hand vor Augen sieht. 
Tausend Irrwische winken auf allen Seiten — hier 
ist Christus! — Da ist Wahrheit! Ja, wenn die 
Leuchter nicht so hin und her schwankten! Herr, laß 
dein Licht vor unsere Füße strahlen! 
* 
Die Lehre von Belohnung und Strafe nach diesem 
Leben, und der Glaube an beide, ist für die Menschen, 
so wie sie durchgehends sind, so wesentlich nötig, daß 
ohne dieses keine bürgerliche Gesellschaft würde bestehen 
können. Der erhabene Begriff, bloß um der Schön 
heit der Tugend und der Häßlichkeit des Lasters willen 
tugendhaft zu sein, ohne an Belohnung und Strafe 
zu glauben, ist so selten zur Bestimmung des Willens 
stark genug, daß dieser Beweggrund zur sittlichen Ver 
vollkommnung ebensowenig taugt, als derjenige, 
welcher bloß die Pflicht dazu brauchen will und 
den Glückseligkeitstrieb ganz ausschließt. Beide 
Begriffe sind freilich in sich, oder a priori, vollkommen 
wahr, ohne deswegen für den gewöhnlichen Menschen 
praktisch anwendbar zu sein. Ich glaube auch nicht, 
daß irgendein Vernünftiger, der die Menschen kennt, 
an dem allem zweifeln wird. 
Daß aber auch die Ausübung des Rechts der Ver- 
gellung in jenem Leben vollkommen vernunftmäßig sei, 
das ist nicht nur leicht zu beweisen, sondern wir 
müssen sie sogar zur Rettung der göttlichen Ge 
rechtigkeit notwendig glauben, welche unmöglich
	        
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