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leidende Tugend unbelohnt und herrschende Laster-
unbestraft lassen kann.
Endlich versiegelt auch das alles die göttliche Offen
barung, als die Quelle der christlichen Religion, an unzäh
lig vielen Stellen aus das bündigste, so daß ein wahrhaft
guter Mensch unmöglich mehr daran zweifeln kann.
Daß also meine „Szenen aus dem Geister
reich" wesentliche und ewige Wahrheiten zum Grunde
haben, daß die darin vorgestellten Verhandlungen in
sich Vernunft- und bibelmäßig, und daß nur die Ver
zierungen, die Personen, oder, mit einem Worte, die
gesamte äußere Einkleidung bloße, aber doch für mich
gegründete Vermutungen sind, daß wird wohl keiner
weitläufiger Überzeugungsgründe bedürfen.
Sobald der Mensch tot ist, sobald ist auch in seiner
Seele das Ahnungsvermögcn vollkommen ent
wickelt. Die abgeschiedene Seele sieht, hört und emp
findet alle Gegenstände des Geisterreichs, zu denen
sie Neigung hat, oder auch solche, die zu ihr Neigung
haben, ebenso, als wenn sie gegenwärtig wären, ob
sie gleich alle in der äußeren oder Körper-Welt
immer den Standpunkt behalten. Alle Seelen nach
dem Tode leben in einem sehr lebhaften Traum.
Nur mit dem Unterschiede, daß dieser Traum Wahr
heit ist, und die Geister, mit denen die Seele umgeht,
sich auch dieses Umgangs wie träumend bewußt sind.
Die Seelen leben, wirken, freuen oder ängstigen
sich im Hades, je nach der inneren Beschaffenheit
ihres Wesens und Handelns in diesem Leben, ohne
daß sie in dieser Körpcrwelt ihren Ort verändern.
Wenn aber dereinst das Verwesliche das Unverwes
liche und das Sterbliche die Unsterblichkeit angezogen