Full text: Heimweh: eine Auswahl aus Jung-Stillings Werken mit biographischer Einleitung

und verdrossen macht, und du haschest wieder nach 
Freude. Folglich wirst du unvermerkt immer sinnlicher 
und unendlich ungeschickt zum Reiche Gottes. — Wenn 
du etwas Gutes bewirkt hast, dir eine edle Handlung 
gelungen ist, so sühlst du immer einen tiefen Frieden in 
deiner Seele, eine so angenehme Beruhigung, die alle 
anderen Vergnügen übertrifft. An diesen Genuß ge 
wöhne dein Empfindungsorgan, so hast du immer die 
Quelle der erhabensten Seligkeit in dir. Und je mehr 
du dann Gutes wirkest, desto glücklicher wirst du werden. 
Freund, es ist nicht genug damit, daß man immer 
vor der engen Pforte auf- und abspaziert, auch 
zuweilen durchs Schlüsselloch guckt oder auch probiert, 
ob man sich durchdrängen könne. — Nein! Man muß 
anhaltend ringen, bis man sich endlich ganz und gar 
durchgearbeitet hat. Der Weg zum Verderben ist mit 
guten Vorsätzen gepflastert. Und wer zunächst an der 
Kirche wohnt, kommt oft am spätesten hinein, hin 
gegen die Entferntesten zuerst. 
Bei einem Menschen, der das Land der Sinnlichkeit 
verläßt, um in das Reich der Sittlichkeit und der 
Heiligung zu reisen, geht eine innere Gesetzgebung vor. 
Denn, wenn er nun den sinnlichen Trieben nicht mehr 
gehorchen, nicht mehr alles genießen will, was sie 
fordern, so gerät er in die Wüste. Wenn er nun da 
getreu dem Wolkenführer folgt, so kommt er auch an 
den Sinai. Es offenbart sich in seinem Geist ein 
erhabenes Gesetz, das für seine verdorbene Natur sehr 
furchtbar ist, weil es ihr den Tod drohet. Aber eben 
in diesem Tode wird das wahre Leben gefunden. 
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Nicht die Länge und Breite, Größe und Tiefe, 
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