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dem Worte Pietist den Begriff eines Frömmlers,
das ist eines Menschen verbindet, der sich äußerlich
durch fromme Gebärden, Reden und Heiligenschein
auszeichnet, innerlich aber ein Grab voller Moder und
Verwesung ist. Da nun die große Welt überhaupt
das Wort in diesem Sinne nimmt, so finde ich es un
schicklich, wenn wahre Christen Pietisten heißen wollen.
Ich will weder Calvinist, noch Hcrrcnhuter, noch
Pietist heißen. Das alles stinkt nach dem Sektengeist.
Ich bekenne mich einzig und allein zu der Lehre
Jesu und seiner Apostel. Und ich trage dabei
zum Unterschied der verschiedenen politisch festgesetzten
Religionsgesellschaften die Uniform der Evangclisch-
reformierten Kirche, weil ich doch einmal eine Uni
form haben muß, bis cs dann endlich zu den weißen
Kleidern kommt.
Die Hauptsache des Christentums beruht nach
meiner Überzeugung auf folgenden Grundsätzen:
1. Die heiligen Schriften, so wie wir fie
gegenwärtig haben, enthalten vom ersten Kapitel des
ersten Buches Mosis an, bis aufs letzte Kapitel des
Propheten Meleachi, und vom ersten Kapitel des
Evangeliums Matthäi an, bis aufs letzte Kapitel
der Apokalypse, die Geschichte der Offenbarungen
Gottes an die Menschen und sind daher die ein
zige zuverlässige Quelle aller der übersinnlichen Wahr
heiten, die dem Menschen zu seiner Bestimmung
nötig sind.
2. Die ersten Menschen waren von Gott voll
kommen erschaffen worden. Sie sündigten aber durch
Ungehorsam gegen Gott und verloren dadurch das
Gleichgewicht zwischen den sinnlichen und sittlichen