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(f 1630) ihren vorzüglichsten Vertreter. In der Förderung der
Naturwissenschaften tat sich der Schweizer Gesner (f 1565) her
vor. In der Medizin eröffnete Theophrastus Bombastus Paracelsus
von Hohenheim der Wissenschaft durch Einführung der Chemie
in die Arzneikunde neue Bahnen. Bei diesem letztgenannten
interessanten Manne müssen wir noch einen Augenblick ver
weilen, denn er ist für die Geschichte der Rosenkreuzer von
grosser Bedeutung. Plaben diese auch — wenigstens in der
ersten Zeit ihres Bestehens — nicht gewagt, ihn direkt als
einen Rosenkreuzer anzusprechen, so wird doch in allen rosen
kreuzerischen Schriften auf ihn als eine massgebliche Persön
lichkeit hingewiesen. Sachlich erscheint dies insofern gerecht
fertigt, als auf seinen Lehren die Rosenkreuzer tatsächlich
fassten, und psychologisch fast noch mehr, da er seiner ganzen
Persönlichkeit nach die völlige und charakteristische Verkörpe
rung des rosenkreuzerischen Gedankens ist, jener Verquickung
von Naturwissenschaft, Religion und Mystik. Wie schwer es
einer Zeit fällt, ihre eigenen Söhne richtig zu beurteilen, lehrt
uns gerade das Beispiel von Paracelsus. Erst die Jetztzeit
schickt sich an, nachdem endlich das richtige Augenmass ge
wonnen ist, der Bedeutung dieses merkwürdigen Mannes,
dessen Bild bisher, von Freund und Feind verzerrt, seltsam
durch die Geschichte schwankte, gerecht zu werden.
Gleich allen Zeiten starker geistiger Erregung und
Gärung, zumal solch chaotischen und überschwänglichen
Charakters, wie bei der in Rede stehenden, finden wir auch
hier das vorherrschende Bestreben, durch Alchymie, Magie und
Astrologie die dem menschlichen Geiste gesetzten Schranken
zu überfliegen. Selbst Männer wie Melanchthon stellten sich
selber Horoskope und schritten nie zu einer irgendwie belang
reichen Handlung, ehe sie nicht die Planeten um Rat befragt
hatten. Zu geradezu leidenschaftlichem Eifer zeigt sich jetzt
das Bestreben der Alchymisten entflammt, den Stein der Weisen
zu entdecken, die wunderbare Tinktur, welche durch Projektion
auf unedle Metalle diese in Gold transmutierte. Aber nicht
nur auf die Goldmacherkunst ivar der Sinn der Alchymisten
gerichtet, sondern auch auf den Besitz der ewigen Jugend, die
Kunst, nach Belieben das Leben zu verlängern, von allen
Krankheiten sich und andere zu heilen. Denn als ein Panacee
von solch wunderbarer Tugend galt der gleiche Stein der
Weisen. Und nunmehr befinden wir uns im eigentlichen
Fahrwasser der Rosenkreuzerei, wenigstens bei den Punkten,
von welchen dieselbe ihren Ausgang genommen hat. Es ist
darum billig, hier etwas länger zu verweilen.
Behandeln wir zunächst die Frage, ob den Alchymisten
denn überhaupt einmal die Tingierung gelungen sei? Bis vor
einiger Zeit hat die heutige Wissenschaft diese Frage unbedingt