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verneint. Etwas anders stellt sie sich in der allerjüngsten
Zeit zu ihr. Nachdem wir erkannt haben, dass auch die so
genannten Elemente weiterer Zerlegungen fähig sind, dass sie
alle nur modifizierte Anhäufungen eines Grundstoffes oder, in
einer anderen Beleuchtung gesehen, nur Energiezentren von
gewiesener Schwingungszahl sind, ist eine prinzipielle Be
streitung der Möglichkeit einer Transmutation nicht mehr an
gängig. Anders aber liegt die historische Seite der Frage.
Nun gibt es indessen eine ganze Reihe von geschichtlichen
Tatsachen, welche dafür sprechen, dass wirklich an verschiedenen
Orten und zu verschiedenen Zeiten alchymistisches Gold zum
Vorschein gekommen ist. Eine Sammlung solcher Tatsachen
finden wir bei Kiesewetter (Geschichte des Okkultismus), bei
Papus (Lotus, Heft No. 3) und bei Philaletes (der chemische
Herkules). Nach letzterem zitiere ich hier eine Äusserung des
bekannten Theosophen Eckartshausen (Entwurf zu einer neuen
Chemie, Regensburg 1800), die in einer so beachtenswerten
Weise mit dem modernsten wissenschaftlichen Standpunkt, nach
welchem sich die Chemie sachte in Physik, und die Atomistik
in Energetik aufzulösen beginnt, übereinstimmt, dass man an
der Wirklichkeit eines »Fortschrittes« überhaupt irre werden
könnte, wenn man nicht den Unterschied beachten würde, der
zwischen der mehr intuitiven Erkenntnis und der vorwiegend
theoretischen Lehre der älteren und den empirisch und experi
mentell exakt bewiesenen Errungenschaften der modernen
Wissenschaft besteht. Der Passus concernens heisst:
»Es gibt ein Natursubstrat, das mit Recht das physische
Naturprinzipium, zugleich auch das Ende der Natur genannt
werden kann; denn es ist der Grundstein der Natur. — Mir
scheint, die Alten haben unter diesem allgemeinen Natursubstrat
ihre Materia universalis verstanden und die Ägypter ihre
triforme Nummer. — Die gemeine Chemie beschäftigt sich mit
der Mannigfaltigkeit der Formen, die ins Unendliche geht,
während die höhere Chemie alles zur Einheit zurückbringt.
Die höhere Chemie besitzt das allgemein auflösende Mittel
rein, einfach, ohne Beschränkung, und kann daher auch unbe
schränkt wirken. Und doch hat seit Jahrhunderten die Schul
chemie die höhere Chemie stets angefochten und verlacht und
aus ihren beschränkten Erfahrungen auf die unbeschränkten
schliessen wollen. Allein dieses Schicksal war ganz natürlich,
denn teils war sie von den Alten in Dunkelheit gehüllt, die
der schärfste Blick kaum durchdringen kann, teils ward sie
von Personen ausgeübt, die die unrichtigsten Kenntnisse von
ihr hatten.«
Wir wollen nun hier die Frage, ob tatsächlich alchymisti
sches Gold hergestellt worden ist oder nicht, in suspenso lassen.
Es ist die Beantwortung derselben für die Rosenkreuzerfrage