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der Rosenkreuzer lediglich von religiösen Motiven ausgehen.
Der ihnen so oft gemachte Vorwurf der politischen Projekte
macherei trifft für die Rosenkreuzer absolut nicht zu, am aller
wenigsten für die älteren. Stets haben sich die Rosenkreuzer
als warme Freunde des deutschen Reiches erklärt und bewährt
und niemals die bürgerliche Ordnung gestört.
Die katholische Gegenreformation, welche mit dem Fiasko
Friedrichs von der Pfalz einsetzte, brachte für manche der
Rosenkreuzer, welche sich in dem Kampfe gegen den »Brücken
meister« persönlich zu weit vorgewagt hatten, unbequeme
Situationen mit sich. Und so verstehen wir es leicht, wie
Männer wie Andreae, in dem wir allerdings nicht den Ver
fasser der »Fama« sehen, sondern höchstens den ersten Her
ausgeber derselben nach einem der in Handschrift zirkulieren
den Texte, sich vorsichtig zurückziehen. Die Entschuldigung,
es sei alles nur ein Scherz gewesen, ist eine durchsichtige Aus
rede, wie wir denn auch in der historischen Übersicht ähnlichen
solchen, »die Rosenkreuzer hätten das undankbare Vaterland
verlassen«, »seien nach Indien ausgewandert«, »dieser oder jener
sei der letzte Rosenkreuzer gewesen«, häufiger begegnet sind.
In der Tat hat sich die Bewegung, nachdem sie durch die
Stürme des dreissigjährigen Krieges keineswegs vernichtet,
sondern nur in grössere Heimlichkeit zurückgedrängt worden
war, immer mehr ausgebreitet, so dass sie selbst der Jesuiten
orden seiner ganz besonderen Aufmerksamkeit würdigte und
durch Eindringen in die Reihen der Rosenkreuzer die anti
päpstliche Tendenz derselben brach, ja die Fraternität sogar
— mindestens zum Teil — zu ihrem gefügigen Werkzeug um
modelte. Zu des Renatus Zeit sehen wir diesen Sieg auf der
ganzen Linie vollendet. Den Katholiken steht den Statuten
gemäss der Eintritt frei, unbekannte Obere (Jesuiten) sind, wie
die Flirtenbriefe und andere Publikationen erweisen, anerkannt,
die Tonsur weiht die einzelnen Mitglieder sogar gewisser-
massen zu Klerikern. Damit aber war die Fraternität, ihres
ursprünglichen Charakters entkleidet, auf eine Ebene geraten,
die sie zu ihrem völligen Untergang- führen musste. Be
schleunigt wurde dieser Prozess noch durch die Torheiten
einzelner Mitglieder, überspannter Köpfe, die in einer wahn
sinnigen Mystik und Kabbalistik schwelgten, oder gar ge
wissenloser Abenteurer, welche die geheimen Kenntnisse der
Gesellschaft, namentlich solche auf dem Gebiet der Hypnose,
der Suggestion, des Somnambulismus, benutzten, um daraus
Kapital für ihre persönlichen Zwecke zu schlagen. So mag
es die in sich haltlos gewordene Fraternität wohl versucht
haben, in Beziehung zu anderen Gesellschaften zu treten.
»Geraume Zeit«, sagt Semler, »waren Rosenkreuzer und Frei
maurer in einer Verbindung, die sich in der Folge recht weit