Full text: Deutschlands Hochseeflotte im Weltkrieg: persönliche Erinnerungen

Die Herbst- und Wintermonate des ersten Kriegssahres 
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nutzen, welches gerade für den Winter ein unangenehmer 
U-Bootsstützpunkt werden konnte, da es der einzige eisfreie 
russische Hafen war. Während die Befehle für diese Unter 
nehmung mit dem Oberbefehlshaber der Ostsee vereinbart 
wurden, und alle auf die Gelegenheit brannten, nun endlich 
den ersten Schuß aus ihren Kanonen lösen zu können, kam 
vom Nordsee-Schauplatz die Nachricht, daß dort am 3. Novem 
ber die erste Beschießung von englischen Küstenplätzen erfolg 
reich durchgeführt sei. Am 3. November früh waren unsere 
Großen Kreuzer vor Zarmouth erschienen, um den Hafen und 
seine Befestigungen zu beschießen, während gleichzeitig unter 
ihrem Schutze Minen gelegt wurden. Die Abwesenheit des 
II. Geschwaders hatte den Flottenchef nicht abgehalten, die 
günstigen Wetterverhältnisse und die langen Nächte zu einem 
solchen Vorstoß auszunutzen, von dem außer der unmittelbaren 
Wirkung, die in der Schädigung eines feindlichen Stützpunktes 
für die Seekriegführung lag, ein Einfluß auf die Zurückhaltung 
des Gegners zu erwarten war. Für den kurzen Vorstoß nach 
Jarmouth war eine weiter vorgeschobene Ausnahmestellung 
der Flotte in See nicht für nötig befunden, weil der Plan ganz 
auf Überraschung unter dem Schutz der Dunkelheit beruhen 
sollte. Nach der Rückkehr von der Unternehmung lief im Nebel 
der ältere Panzerkreuzer „Porck" auf eine Schutzsperre in der 
Jade und kenterte durch die Minenexplosion. Der größte Teil 
der Besatzung konnte gerettet werden. 
Der Vorstoß gegen Libau unterblieb in letzter Stunde auf 
Grund eines vom Admiralstab eingegangenen Befehls, den das 
zweite Geschwader erhielt, als es sich schon auf dem Marsch 
dorthin befand. Die in letzter Zeit mehrfach eingelaufenen Nach 
richten von der Rührigkeit englischer U-Boote in der Ostsee 
ließen es richtiger erscheinen, van dem Unternehmen Abstand 
zu nehmen, da gerade die Durchführung einer Beschießung von 
Landzielen für U-Boote eine besonders gute Angriffsgelegenheit 
geboten hätte. Man überschätzte in den ersten Kriegsmonaten
	        
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