Beschießung von Scarborough und Hortlepoal
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Um die Mitte des Monats hielt sich die Flotte in ver
schärfter Bereitschaft, da Anlaß zu der Vermutung vorlag, die
Engländer planten eine Verblockung unserer Flußmündungen.
Der Gedanke hatte viel Wahrscheinlichkeit für sich und hätte
gerade bei den unsichtigen Wetterverhältnissen der Winter
monate die günstigsten Bedingungen für die Ausführung an
getroffen. Besonders in der Jade war die Fahrrinne für große
Schiffe so schmal und wenig tief, daß schon wenige zweckmäßig
hergerichtete Dampfer ein erhebliches Verkehrshindernis ge
boten hätten. Eine Abwehr solchen Angriffs durch Küsten
batterien konnte nicht erfolgen, da Wangeroog noch keine
Armierung hatte. Die Schwierigkeiten für die Ausführung
solchen Unternehmens dürfen allerdings auch nicht unterschätzt
werden. Bei dem großen Material, das England hierfür zu
Gebote stand, war ein Gelingen aber keineswegs ausge
schlossen. Die Flotte mußte allerdings das Unternehmen bis
vor unsere Flußmündungen selbst heranbringen, und das war
wohl der Hauptgrund, der sie abhielt, einen Versuch zu unter
nehmen, der der Durchführung unseres U-Boots- und Minen
krieges sonst sehr nachteilig hätte werden können.
Nachdem am 19. Januar vormittags von einem Flugzeug
60 sw nordwestlich von Helgoland zahlreiche englische Schiffe
mit östlichem Kurse gesichtet waren, darunter auch mehrere
Schlachtkreuzer und an die hundert Dampfer, so glaubten wir
nun bestimmt an die Ausführung eines solchen Planes. Es
ist nicht unmöglich, daß über die Zahl und Art der Schiffe
dem Flugzeug ein Irrtum unterlaufen ist, obgleich dieselbe
Meldung auch noch von anderer Seite, nämlich von zwei aus
See kommenden U-Booten, bestätigt wurde. Die zum Fühlung
halten und zu Nachtangriffen vorgesandten Torpedoboote
haben aber von der feindlichen Flottenmacht nichts gefunden,
so daß sie wahrscheinlich schon frühzeitig den Rückmarsch an
getreten hat. Welchen Zweck die Engländer mit diesem Er
scheinen verfolgten, haben wir nicht ergründen können, jeden-