Neue Waffe — neue Kriegsform
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konnte das U-Boot sein, weil gegen diese Waffe der in der
englischen Flotte liegende Handelsschutz unwirksam wurde.
Eine militär-politische Frage von höchster Wichtigkeit tat
sich daher auf: Deutschland im Besitze eines Mittels, das die
englische Flotte zur Wirkungslosigkeit herabdrückt und den gan
zen englischen Aushungerungsplan umzuwerfen imstande war!
Daß das U-Boot eine solche Bedeutung als Seekriegswaffe
gewinnen konnte, hatte sich erst herausgestellt, als die Leistungs
fähigkeit der Boote unter dem Kriegsdruck alle Erwartungen
weit üdertroffen hatte. Politik und Seekriegführung mußten
bei Anwendung der Waffe im engsten Einvernehmen handeln.
Die ersten Bedenken waren natürlich seerechtlicher Art.
Es würde zu weit führen, alle die juristischen Überlegun
gen, die über diese Frage angestellt sind, hier nochmals zu
erörtern. Die Neuartigkeit der Waffe machte neue Formen
nötig, deren Berechtigung von der Gegenpartei, weil sie sich
gegen ihre Interessen richtete, natürlich nicht anerkannt und
aufs heftigste angegriffen wurde. Zweifellos hatte uns aber
die britische Kriegführung das Recht zu Vergeltungsmaßregeln
gegeben, besonders aber auch das Vorbild, daß es ein ein
faches Gebot der Kriegsnotwendigkeit sei, die vorhandenen
Machtmittel so anzuwenden, „um die Operationen zur See
wirksam durchzuführen".
Das Unterseeboot war ein von allen Staaten eingeführtes
Kriegsmittel. Damit hatten auch wir das Recht, es seiner
Eigenart entsprechend zu verwende». Jede Verwendung, die
dieser Eigenart nicht entsprach, war widersinnig und unmili
tärisch. Die Fähigkeit des U-Bootes, zu tauchen, machte es
ganz besonders geeignet zum Handelskrieg, weil es über
raschend auftreten und dadurch Schrecken und Furcht verbreiten
und den Handel verscheuchen, den Nachstellungen des Gegners
aber sich entziehen tonnte. In der Fähigkeit des Unterwasser
fahrens lag die vielversprechende Nutzbarkeit der neuen Waffe.
Wenn es Kauffahrteischiffe versenkte und mit ihnen Besatzung