Full text: Deutschlands Hochseeflotte im Weltkrieg: persönliche Erinnerungen

Die militär-politische Bedeutung des U-Boot-Kriepes 
336 
durchschnittlich 26 640 Tonnen betrogen. Die gleiche Zahl 
konnte auch für die Zukunft in Ansatz gebracht werden. Daraus 
errechnete sich eine Gesamtmonatsleistung von 631 640 Tonnen. 
Dies würde in einem halben Jahre einen dauernden Verlust 
an Tonnage von 3 789 840 Tonnen ergeben. Die Wirkung 
dieses Ausfalls auf Englands Verkehrs- und Lebensverhält 
nisse war aber auf ein Vielfaches dieser Zahl zu bemessen, in 
sofern jeder verlorene Dampfer für Aus- und Einfuhr in Be 
tracht kam und seinen Frachtraum während eines halben 
Jahres für mehrere Male zur Verfügung stellte. 
Die Gefamttonnags der englischen Handelsflotte bei Kriegs 
beginn betrug rund 20 Millionen Tonnen. Die Hälfte dieses 
Tonnengehalts war für Kriegszwecke mit Beschlag belegt. Der 
bürgerliche Bedarf des Landes mußte mit 10 Millionen Ton- 
nen gedeckt werden. Die Preissteigerung, die sich schon in weni 
gen Wochen nach Eröffnung des U-Bootkriegs geltend gemacht 
hatte, ließ den Schluß darauf zu, was es bedeuten würde, wenn 
tatsächlich über ein Drittel des gesamten englischen Frachtrau 
mes, der die Bedürfnisse Englands in seinen weit verzweigten 
Verbindungen befriedigen sollte, dauernd ausfallen würde. 
An ein „business as usual" wäre dann wahrlich nicht mehr zu 
denken gewesen. 
Die Reichsleitung verhielt sich dem Vorschlag des Ad 
miralstabes gegenüber aber ablehnend. Daher entschloß sich 
der Chef des Admiralstabes, sich mit einer Art Abschlagszah 
lung zufrieden zu geben, die darin bestehen sollte, daß die 
armierten feindlichen Handelsdampfer wie Kriegsschiffe zu be 
handeln seien. Die Hoffnung, den U-Bootkrieg in voller Schärfe 
bald aufnehmen zu können, gab er jedoch nicht auf. 
Als ich im Januar 1916 die Führung der Flotte über 
nommen hatte, betrachtete ich es als meine erste Aufgabe, fest 
zustellen, welche Kriegsmittel gegenüber England mir zur Ver 
fügung standen, und namentlich darüber Gewißheit zu erhal 
ten, ob und in welcher Weife den U-Bootkrieg gegen den eng-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.