Die militär-politische Bedeutung des U-Boot-Kriepes
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durchschnittlich 26 640 Tonnen betrogen. Die gleiche Zahl
konnte auch für die Zukunft in Ansatz gebracht werden. Daraus
errechnete sich eine Gesamtmonatsleistung von 631 640 Tonnen.
Dies würde in einem halben Jahre einen dauernden Verlust
an Tonnage von 3 789 840 Tonnen ergeben. Die Wirkung
dieses Ausfalls auf Englands Verkehrs- und Lebensverhält
nisse war aber auf ein Vielfaches dieser Zahl zu bemessen, in
sofern jeder verlorene Dampfer für Aus- und Einfuhr in Be
tracht kam und seinen Frachtraum während eines halben
Jahres für mehrere Male zur Verfügung stellte.
Die Gefamttonnags der englischen Handelsflotte bei Kriegs
beginn betrug rund 20 Millionen Tonnen. Die Hälfte dieses
Tonnengehalts war für Kriegszwecke mit Beschlag belegt. Der
bürgerliche Bedarf des Landes mußte mit 10 Millionen Ton-
nen gedeckt werden. Die Preissteigerung, die sich schon in weni
gen Wochen nach Eröffnung des U-Bootkriegs geltend gemacht
hatte, ließ den Schluß darauf zu, was es bedeuten würde, wenn
tatsächlich über ein Drittel des gesamten englischen Frachtrau
mes, der die Bedürfnisse Englands in seinen weit verzweigten
Verbindungen befriedigen sollte, dauernd ausfallen würde.
An ein „business as usual" wäre dann wahrlich nicht mehr zu
denken gewesen.
Die Reichsleitung verhielt sich dem Vorschlag des Ad
miralstabes gegenüber aber ablehnend. Daher entschloß sich
der Chef des Admiralstabes, sich mit einer Art Abschlagszah
lung zufrieden zu geben, die darin bestehen sollte, daß die
armierten feindlichen Handelsdampfer wie Kriegsschiffe zu be
handeln seien. Die Hoffnung, den U-Bootkrieg in voller Schärfe
bald aufnehmen zu können, gab er jedoch nicht auf.
Als ich im Januar 1916 die Führung der Flotte über
nommen hatte, betrachtete ich es als meine erste Aufgabe, fest
zustellen, welche Kriegsmittel gegenüber England mir zur Ver
fügung standen, und namentlich darüber Gewißheit zu erhal
ten, ob und in welcher Weife den U-Bootkrieg gegen den eng-