Full text: Deutschlands Hochseeflotte im Weltkrieg: persönliche Erinnerungen

Aufschub, um Amerika aus dem Spiel zu halten 
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es allein auf seine jetzigen Bundesgenossen angewiesen bleibt. 
Der rücksichtslos geführte U-Boot-Krieg trifft nicht England 
allein, sondern mit voller Wucht auch die neutrale Schiffahrt 
an Gut und Leben. Die kleinen Neutralen müssen und wollen 
der Gewalt weichen, also den Handel mit England einstellen. 
Ainerika widersetzt sich dieser U-Boot-Kriegführung und be 
droht uns mit Krieg. Militätisch würde dieser, zumal seitens 
der Marine, wohl oder übel in Kauf zu nehmen sein. Wirt 
schaftlich verschlimmert er unsere Lage in verhängnisvoller 
Weise. Das reiche, unnahbare Land kann an sich den Kriegs 
zustand ein Jahrzehnt ertragen. Es bietet aber auch unseren 
ermattenden Gegnern eine erhebliche moralische und materielle 
Stütze, die diese jedenfalls zu längerem Widerstand befähigen 
und benutzen winden — auch England. Unser Ziel, das 
Kriegsende in absehbarer Zeit herbeizuführen, wird entrückt, 
Deutschland der Erschöpfung ausgesetzt. Da die gegenwärtige 
Kriegslage nicht dazu angetan ist, uns ein Vabanquespiel 
aufzunötigen, muß der militärische Plusstand behauptet werden 
und unter Mitwirkung diplomatischen Einsatzes dafür, daß 
uns zunächst weitere ernsthafte Feinde vom Halse gehalten 
werden, andererseits Wege gesucht und beschritten werden, die 
der Einigkeit unserer Gegner unter sich Abbruch tun und damit 
Separatfriedensaussichten eröffnen. Gelingt es, Amerika in 
Frieden mit uns zu erhalten und durch Zugeständnisse in der 
Art der U-Voot-Kriegführung es zu einem wirkungsvollen 
Druck auf England zu veranlassen, so daß der legale Handel 
der Neutralen mit den Kriegführenden wiederhergestellt wird, 
so erhalten wir die wirtschaftliche Stärkung, die uns instand 
setzt, unsere günstige militärische Lage auf die Dauer zu be 
haupten und damit den Krieg zu gewinnen. Ein Bruch mit 
Amerika gibt uns zwar die taktischen Chancen der rücksichts 
losen U-Boot-Kriegführung gegen England, aber nur unter 
Bedingungen, die eine Verlängerung des Krieges, sicherlich 
keinerlei wirtschaftliche Erleichterung und Erlösung brin-
	        
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