Die militär-politische Bedeutung des U-Boot-Krieges
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im Sommer 1918 erlittene schwere Erkrankung keine Gelegen
heit mehr gefunden, sich zu dieser Frage äußern zu können.
Mit dem uneingeschränkten U-Bootkrieg hatten wir wohl
das gewaltigste Unternehmen in Angriff genommen, das der
Weltkrieg gebracht hat. Es galt, die Kraft des seemächtigen
England in seinem Seehandel zu brechen, trotz des Schutzes, den
seine mächtige Flotte auszuüben vermochte. 2^ Jahre Welt
krieg waren vergangen, ehe wir uns an diese Aufgabe machten,
und hatten die Kräfte der Mittelmächte schon aufs äußerste be
ansprucht. Wenn es aber nicht gelang, den Vernichtungswillen
Englands zu überwinden, so mußte der Erschöpfungskrieg mit
einer sicheren Niederlage Deutschlands enden. Einen solchen
Ausgang auf dem Lande abzuwehren, erschien aussichtslos: es
war auch nicht anzunehmen, daß jetzt noch auf eine Änderung
der ausgesprochen unneutralen Haltung Amerikas uns gegen
über zu rechnen sei und daß eine von ihm unternommene Frie
densvermittlung für uns wirklich brauchbare Erfolge haben
könne, nachdem der Vorschlag Wilsons auf die Vermittlung
eines Friedens, in dem es keine Sieger und keine Besiegte geben
sollte, eine so brüske Ablehnung seitens unserer Feinde erfahren
hatte. In solcher Lage durfte man die Ent
scheidung über die Zukunft des Deutschen
Reiches nicht abwartend dem Walten unbe
rechenbarer Zufälle überlassen. Die verantwort
lichen Stellen fühlten sich verpflichtet, diejenigen Mittel vorzu
schlagen, die Aussicht boten, das drohende Unheil abzuwenden.
Ein militärisches Urteil über die Erfolgaussichten im Kampfe
gegen den feindlichen Seehandel lag vor: es gründete sich auf die
in den Vorjahren bereits erzielten Versenkungsziffern. In dieser
Hinsicht wurden die gehegten Erwartungen inr kommenden
Jahre noch weit übertroffen. Die Wirkungen dieser dem eng
lischen Handel geschlagenen Wunden ließen sich aber nicht in
gleicher Weise rechnungsmäßig voraussagen. Es.leuchtete ohne
weiteres ein, daß eine Verminderung der englischen Handels