Tätigkeit der Flotte im Zeichen des U-Bootkrieges
414
hegte zwar starke Zweifel, ob es möglich sei, bei der im Reichs
tag herrschenden Stimmung die Führer einer Partei für ihre
politischen Bestrebungen, die, soweit sie auf einen Umsturz
hinausliefen, mit äußerster Borsicht betrieben wurden, zur
Verantwortung zu ziehen, verschloß sich aber doch dem Ernst
der Lage nicht. Er versprach, bei der Reichsregierung die er
forderlichen Schutzmaßregeln durchzusetzen. In diesem Sinne
hielt er auch am nächsten Tage Sr. Majestät Vortrag, nachdem
ich dem Kaiser über die Vorkommnisse auf der Flotte Bericht
erstattet hatte. Bei den bald darauffolgenden Reichstagsver
handlungen ergab sich leider, daß die Regierung nicht die nötige
Entschlossenheit finden konnte, ernstlich durchzugreifen und dazu
die Zustimmung der Mehrheit der Volksvertretung zu ge
winnen.
Die Flotte blieb auf ihre eigenen Bemühungen ange
wiesen, Geist und Stimmung der Besatzung vor den ver
heerenden Einflüssen, die auf die Mannschaften eindrangen, zu
schützen. Die beste Ablenkung bot auf jeden Fall die kriegerische
Betätigung. Ihrer Notwendigkeit hatten sich die Besatzungen
noch nie verschlossen; Mut und Kampfesfreudigkeit lebten noch
in alter, ursprünglicher Forin. Sie waren auch zu tief ge
gründet in dem deutschen Volkscharakter, um auf den ersten
Ansturm von außen hin nachzulassen.
Die dauernde Einwirkung der feindlichen Propaganda,
welche sich die U. S P.*) zunutze machte, um ihre Sonderziele
zu erreichen, konnte wohl abgeschwächt, aber doch nicht gänzlich
ferngehalten werden und hat später ihren unheilvollen Einfluß
gezeigt. Die vielfach verbreitete Ansicht, daß die Mannschaften
einen berechtigten Anlaß zu Klagen in der unterschiedlichen
Behandlung der Offiziere hätten erblicken können, ist völlig un
begründet. Gerade der Dienst an Bord stellt an die Offiziere
mindestens die gleichen, meist aber erheblich größere Anforde-
*) Unabhängige Sozialdemokratische Partei