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3. Walderholungsstätten, Walderholungsheime, billige ländliche
Tuberkulosekrankenhäuser. Walderholungsstätten, d. h. Liegehallen
mit Wirtschaftsbaracke, im Wald, in der Nähe von Städten gelegen, in welchen
die leichteren Tuberkulosekranken oder aus Heilstätten entlassene Rekonvales
zenten zur Kräftigung und vollen Ausheilung den Tag über Aufnahme und Ver
pflegung finden, sind in Deutschland allerorts errichtet worden, so daß heutzutage
ca. 7000 Pfleglinge diese in Anspruch nehmen können. In Württemberg fehlt
es bis jetzt noch an einer genügenden Zahl von Walderholungsstätten. Von der
in Isny errichteten sind Abbildungen vorgelegt. Sollen übrigens die Walderholungs
stätten ihren Zweck besser als bisher erfüllen, so müssen sie in erweiterter An
lage hergestellt werden, in Form solider Pavillonbauten, so daß die verpflegten
Kranken auch die Nacht dort zubringen und auch schwerere Kranke, die im
Krankenhaus keine passende Aufnahme finden, in solchen „Walderholungsheimen' ‘
verpflegt werden können. Statt der Pavillonbauten können zum selben Zweck
auf dem Lande billige ländliche Tuberkulosekrankenhäuser gebaut werden. Nach
fachmännischer Berechnung sind billige ländliche Tuberkulosekrankenhäuser
ohne Grunderwerbungskosten mit vollständiger guter Einrichtung im Block
system für 2150 Mark pro Bett, im Pavillonsystem für 1800 Mark (einschließlich
Kosten für Bau- und Einrichtung von Liegehallen) herzustellen — im Gegensatz
zu den üppigen modernen Krankenhausbauten, bei welchen das Bett auf 7000 bis
10 000 Mark und mehr zu stehen kommt, eine auf alle Fälle nicht zu rechtfertigende
gewaltige Überschreitung des Notwendigen.
Spezielle Aufmerksamkeit wird mit Recht neuerdings der Kindertuber
kulose zugewandt. Immer mehr hat sich herausgestellt, daß die Tuberkulose
infektion in der Kindheit erfolgt. Allerdings wird sie in weitaus den meisten
Fällen gut überwunden. Aber es bleibt doch die Gefahr, daß von einem in der
Kindheit erworbenen zurückgebliebenen latenten Tuberkuloseherd später eine
sekundäre Invasion der Tuberkelbazillen in dem Körper stattfindet und jetzt
erst die Tuberkulosekrankheit ausbricht.
Es muß daher unser Hauptbestreben sein, die tuberkulöse
Infektion in der Kindheit zu verhüten durch strenge Einhaltung der ge
samten prophylaktischen Maßregeln in der Familie, Schule usw. und den Körper
in den Stand zu setzen, mit einer trotzdem zustande gekommenen Infektion
fertig zu werden. Letzteres wird ermöglicht durch gute Ernährung, körperliche
Übungen, viel Aufenthalt im Freien, kurz durch Kräftigung des kindlichen Organis
mus nach jeder Richtung. Von großem Nutzen ist auch in Fällen von Tuberkulose
verdacht die Benützung einer Walderholungsstätte für Kinder oder, wenn die
Krankheit sicher ist, eine Kur in einer Kinderheilstätte. Ferner eignen sich
namentlich für die im Kindesalter so häufige Skrofulöse, Gelenk- und Knochen
tuberkulose Solbäder und vor allem auch Sonnenbestrahlung, deren Wirkung zum
Teil geradezu frappierend ist, wie vor allem die Resultate der Sonnenbestrahlung
in den Kuranstalten in Leysin in glänzender Weise illustrieren. Sanatorien für
tuberkulöse Kinder bestehen an verschiedenen Orten des Deutschen Reichs oder
sind wenigstens im Bau begriffen. In Württemberg werden tuberkulöse Kinder
in einzelnen Solbadeorten behandelt, z. B. in Sulz; ein eigenes Kinderheim ist
neuerdings in Schömberg errichtet. Nachdem der Verein für Volksheilstätten in
Württemberg die Gründung einer Landesheilstätte für tuberkulöse Kinder