Denkhemmung.
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Depressionszuständen und äussert sich in Gedankenarmut und
Einsilbigkeit. Meist besteht gleichzeitig Bewegungsarmut
(siehe S. 76). Selbst die Auffassung kann erschwert sein.
Man prüft die Denkhemmung in der Weise, dass man dem
Kranken leichte Aufgaben stellt, wie einfache llechenexempel,
Ableson der Uhr, Sortieren von Karten, Münzen, farbigen Woll-
proben, und die zur Lösung der Aufgabe verbrauchte Zeit ab
schätzt, eventuell direkt mit einer Stoppuhr misst. Bei hoch
gradiger Hemmung kann es geschehen, dass die Kranken ganz
versagen, überhaupt keine Antwort herausbringen.
Bei starkem depressiven Affekte mag man solche Patieüten
noch zum Sprechen bringen, wenn man auf ihre traurigen Ge
dankengänge einzugehen sucht. Bei leichter Denkhemmung sind
die angegebenen Prüfungen zu grob, . um die geringfügige Ab
weichung vo'n der Norm nachzuweisen. Hier wird aber. das
Schreiben eines Briefes, die Lösung grösserer Rechenaufgaben
oder das Auswendiglernen eines kleinen Lesestückes gewöhnlich
auf erhebliche Schwierigkeiten stossen. Vielfach gibt der Kranke
selbst an, alles Denken mache ihm Mühe, es falle ihm nichts ein,
er könne seinen Berufspflichten nicht nachkommen, den Haushalt
nicht besorgen, sich überhaupt zu nichts aufraffen (vgl. Subjektive
Insuffizienz. -S. ,7G).
Denkliemmung ist nicht zu verwechseln mit der Inter
esselosigkeit der Apathie (siehe S. 74!), nicht mit der Auf
merksamkeitssperrung im Stupor (Katatonie: Mangel an
Einstellung), auch nicht mit der Schwerfälligkeit und
Einförmigkeit im Denken, die manchen Demenzzuständen
(Dementia senilis, paralytica, arteriosclerotica, Schizophrenie)
eigen ist. Verblödete Epileptiker können ausserordentliche
Umständlichkeit in ihren Erzählungen zeigen.
Schlechte Denkleistungen werden weiter verursacht durch
überrasche Ermüdbarkeit und mangelhafte Konzentrationsfähigkeit
(Aprosexie) bei Neurasthenikern und Hysterischen.
ß) Den Eindruck einer Beschleunigung des Ge
dankenablaufs hat man bei der in Exaltationszuständen
(vor allem bei der Manie, aber auch bei Schizophrenie,
Epilepsie. Paralyse usw.) auftretenden Ideen flucht (vergl.
S. 80).
Ob in Wirklichkeit Beschleunigung vorliegt, ist fraglich.
Manche Autoren neigen zur Auffassung, dass der Anschein einer
Beschleunigung nur entsteht durch die Flüchtigkeit des Ablaufs
und den bunten Wechsel der mannigfachen Vorstellungen infolge
erhöhter Ablenkbarkeit (vgl. S. 93). Jedenfalls drängen sieh dem
Ideenflüohtigen in der gleichen Zeitspanne viel mehr verschieden
artige Vorstellungen auf als dem Gesunden.