Full text: Grundriss der psychiatrischen Diagnostik

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Status psychicus. 
haftigkeit bewusst ist und ihnen nur nicht zu widerstehen 
vermag. Sie treten anfallsweise unter heftiger Angst 
(Zittern, Herzklopfen, Schweissausbruch) auf, die dem 
Gefühl der Befreiung weicht, sobald der Patient ihnen 
nachgibt. Später folgen Reue, Scham ob der bewiesenen 
Schwäche. 
a) Grübet- und.Fragesucht: Zwang, über gleichgültige, 
unfruchtbare Fragen nachzugrübeln: Wozu gibt es Menschen? 
Warum hat der Tisch 4 Beine? Wieviel Pflastersteine hat die 
Strasse usw. Oder der Zwang, mit zufällig gesehenen Zahlen, 
z. B. Droschkennummern, zu rechnen, sich auf gleichgültige Namen 
und Daten besinnen zu müssen. , 
b) Zweifelsucht: Immer wieder nachfühlen, ob die Tür 
geschlossen, das Streichholz ausgeblasen ist usw. Keine Zeit mehr 
zu etwas anderem. 
c) Phobien: Angst, über einen freien Platz zu gehen 
(Agoraphobie), über eine Brücke, auf einen Turm zu steigen, sich 
im geschlossenen Raum aufzuhalten (Clauströpbobie) usw. Bei 
jedem Versuche tritt hochgradige Angst auf, die Beine versagen. * 
Erythrophobie ist die Furcht zu erröten. Mysophobie, die 
Furcht vor Beschmutzung, zwingt zu fortwährendem Waschen und 
kann in allgemeine Berührungsfurcht ausarten. 
d) Zwangsantriebe, meist unterdrückbar, nur durch die 
begleitende Angst sehr quälend: Jemanden zu töten, Feuer anzu 
legen, sich aus dem Fenster zu stürzen und dgl. Zu unterscheiden 
vom impulsiven Irresein, wo überwältigendem Gelüst blind nach 
gegeben wird. 
e) Zwangsreden: ZwangsweisesHervorstossen einesobszönen 
Ausdrucks: Koprolalie; oder Nach sprechen eines gehörten Wortes: 
Echolalie. (Ankämpfen gegen den Zwang unterscheidet von der 
Echolalie der Katatoniker.) 
f) Zwangsdenken: Affekterfüllte Erlebnisse oder sinnlose 
Gedankenverbindungen tauchen immer wieder auf und stören das 
Denken. Ein Wort, eine Melodie ist. aus dem Gedächtnis nicht 
loszuwerden. 
Zwangsvorstellungen finden sich episodisch bei endogener 
Nervosität und Hysterie, im Beginne der Schizophrenie, der de 
pressiven Phase des manisch-depressiven Irreseins, und zwar hier 
auch periodisch auftretend; mehr angedeutet bei Epilepsie, Arterio 
sklerose des Gehirns; ferner isoliert als sogenanntes Zwangs 
irresein bei Psychopathen. . 
5. Intellektuelle Fähigkeiten. 
Man unterscheidet zweckmässig'Gedächtnis, Urteils 
fähigkeit, sittliche Begriffe. Weitgehende Störungen 
sind typisch für angeborenen Schwachsinn (Idiotie, Imbe-
	        
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